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Mobbing Stoppen! Kinder Stärken!
Agnieszka Pawlowska · 09.05.2018
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© Stiftung Mobbing stoppen! Kinder stärken!/Frank Hempel
Es ist ein sonniger Freitagvormittag in der Kölner Gemeinschaftsschule Braunsfeld. Der Sänger und Komiker Tom Lehel steht in der Aula und hält ein Schild in der Hand. Schwarz auf Weiß steht in Großbuchstaben „Du Doof?!“ darauf geschrieben. Nach und nach gesellen sich weitere Prominente wie das Youtube-Duo „die Lochis" sowie Fernsehmoderatorin und Komikerin Hella von Sinnen zu ihm. Gleich fällt der Startschuss für die Initiative „Mobbing Stoppen! Kinder Stärken!“. Tom Lehel ist Gründer und Vorstand dieser bundesweiten Stiftung gegen Mobbing und Cybermobbing an Schulen.
Jeder sechste 15-Jährige ist von Mobbing betroffen
„Du Doof?!“ ist der Titel des ersten Präventionsprogramms der Stiftung. Der Slogan ist bewusst provokant gewählt. Das erzeuge Aufmerksamkeit und rege zum Gespräch an, berichtet der Sänger schmunzelnd. Er habe zahlreiche Reaktionen erhalten, seit er mit dem Schriftzug auf seinem Auto durch Köln fährt. Mobbing ist ein gesellschaftsrelevantes Thema. Die jüngste PISA-Studie hat ermittelt, dass jeder sechste 15-Jährige regelmäßig Opfer von Mobbing wird. Für die Grundschulen liegen laut Angelika Fuchs, Anti-Mobbing Expertin bei der Stiftung, noch keine Studien vor. Sie ist sich aber aufgrund ihrer eigenen Erfahrung als Grundschullehrerin sicher, dass hier die Zahl der Betroffenen ähnlich hoch ist. Ein besonderer Schwerpunkt der Stiftungsarbeit soll deswegen auf der Prävention in der Primarstufe liegen. „Wir fangen in der Grundschule an, um die weiterführenden Schulen zu entlasten“, sagt Lehel.
In einem Workshop, der für dritte und vierte Klassen angeboten wird, lernen die Kinder, die Mechanismen von Mobbing zu erkennen und ihnen selbstständig entgegenzutreten. Die Macher setzen besonders auf den Ansatz des „Berührt-Seins“.
„Du bist richtig!!“
Eindrucksvoll wird diese Methode zum Auftakt der Stiftung in einem Workshop in der Gemeinschaftsgrundschule Braunsfeld gezeigt. Das „Du Doof?!“-Programm funktioniert durch Mitmachen und Erleben. Dazu teilen sich die teilnehmenden Schüler in zwei Gruppen auf und bilden enge Kreise. Es ist kaum möglich, von Außen hinzuzukommen. Diese Erfahrung macht ihre Mitschülerin, die zehnjährige Lilli. Sie kommt in den Raum und versucht Anschluss zu finden und sich zu einer der Gruppen dazuzustellen. Ihr wird wortwörtlich die kalte Schulter gezeigt. Sprüche wie „Hau ab“ und „Du bist nicht willkommen“ verstärken die Ausgrenzung. Nach kurzer Zeit wird die Situation aufgelöst und die Kinder besprechen das Erlebte mit den beiden Coaches und Pädagogen Angelika Fuchs und Jörn Lorenzen. Die beiden fragen nach, wie sich die Kinder gefühlt haben.
Obwohl Lilli gut in die Klasse integriert ist und weiß, dass es sich nur um eine gespielte Situation handelt, fühlt sie sich unwohl und traurig. Auch ihre Mitschüler fühlen sich schlecht und hinterfragen, warum sie Lilli nicht in den Kreis gelassen haben. Jetzt möchten die Coaches wissen, was die Schüler anders hätten machen können. Es kommen viele gute Ideen, die in einer zweiten Runde umgesetzt werden können. Zum Abschluss des Workshops klopfen sich alle das „blöde Gefühl“ aus dem Körper und machen begeistert mit, als Lehel den Schlachtruf der Stiftung anstimmt „Du bist richtig!!“.
„No Blame“-Ansatz
Lehel weiß aus eigener Erfahrung, wie sich Ausgrenzung anfühlt. Er wurde als Kind aufgrund einer Handverletzung als „Krüppel“ und „einarmiger Bandit“ beschimpft und berichtet, dass solche Erlebnisse ein Leben lang nachwirken können. Als auch sein jüngster Sohn eindringlich von Mobbing in seiner Klasse erzählte, wurde der Entertainer aktiv. Er möchte mit seiner Stiftung etwas im Alltag von Kindern und Jugendlichen verändern. Um das zu erreichen, verfolgt die Stiftung den „No Blame“-Ansatz. Dabei wird das Verhalten, aber nicht die Täter verurteilt. Durch eine Ansprache auf Augenhöhe erhalten mobbende Schüler die Chance, ihr Verhalten zu ändern. Sie lernen im Workshop, Alternativen zum Mobbing zu entwickeln.
„Du Doof?!“ ist das erste Präventionsprogramm der Stiftung. Das Pädagogen-Team hat ein umfassendes Lehr- und Lernsystem entwickelt, das vor allem einen multimedialen Ansatz verfolgt. Die teilnehmenden Schulen erhalten einen Rucksack mit Arbeitsmaterialien für die Kinder und Begleitmaterial für die Lehrer. Die Inhalte des Programms werden auch mit Hilfe eines speziell programmierten Tablets vermittelt. Zusätzlich zu den Einführungsveranstaltungen bietet die Stiftung Webinare und Supervisionen an.
Prominente Unterstützer
Rückenwind erhält die Stiftung von zahlreichen Prominenten, die sich gegen Mobbing und Diskriminierung stark machen. Guido Cantz, Wolfram Kons, Hella von Sinnen, Sebastian Krumbiegel und die Lochis: Sie alle unterstützen den Auftakt der Stiftung in der Grundschule in Köln. Im Gespräch erzählen sie von ihren Erfahrungen mit Mobbing. Der Sänger der Prinzen, Sebastian Krumbigl, bezeichnet sich selbst als „extrem shit-storm erprobten Mann“ und Guido Cantz möchte seinem siebenjährigen Sohn mitgeben, dass „Selbstverteidigung auch mit Worten geht“.
Passend zum Stiftungs-Startschuss präsentiert Tom Lehel sein eigens dafür komponiertes Lied „Du Doof!“. Der unterhaltsame Einstieg in das Thema wartet mit einer Vielzahl bekannter Gesichter im Video auf. Schaut mal selbst:
Infos zur Bewerbung und für Spenden
Als Grundschule bewerben
Ab dem 4. Mai 2018 kann sich jede Grundschulen für eine kostenlose Teilnahme am Programm „Du Doof?!“ bewerben. Das Angebot richtet sich an die Klassen drei und vier. Richtig los geht es dann im Schuljahr 2018/2019 nach den Sommerferien. Bewerbungen per E-Mail an kontakt@du-doof.org.
Für die Stiftung spenden
Die Stiftung „Mobbing stoppen! Kinder stärken!“ wie auch das Programm „Du Doof?!" finanzieren sich ausschließlich über Spenden.
Spendenkonto
Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.
IBAN: DE70 3605 0105 0001 0650 51
BIC: SPESDE3EXXX