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Bildung

Immer Stress mit den Hausaufgaben

Janina Mogendorf · 17.07.2020

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Vater und Sohn bei den Hausaufgaben © Adobe Stock

Känguru: Herr Professor Stomporowski, sind Hausaufgaben in der Grundschule sinnvoll?

Stomporowski: Grundsätzlich sind Hausaufgaben sinnvoll, denn sie gewöhnen Kinder behutsam an selbstständiges Arbeiten. Sie lernen dadurch Verantwortung und mit zunehmendem Alter auch Pflichten außerhalb der Schule zu übernehmen. Hausaufgaben eignen sich nicht zur Disziplinierung oder um neues Fachwissen zu vermitteln. Stattdessen sollen sie die Kinder neugierig machen und ihre Selbstorganisation anregen. Wichtig ist, diese Entwicklung ruhig und mit Bedacht zu unterstützen und immer mit den Kindern im Gespräch zu bleiben.

Känguru: Warum tun sich vor allem jüngere Kinder mit der Heimarbeit oft schwer?

Stomporowski: Die Kinder haben unterschiedliche familiäre Hintergründe. Manche werden von den Eltern unterstützt und wachsen in einem anregenden Lernumfeld auf, andere nicht. Manche haben Konzentrationsprobleme, andere haben hier einen Vorsprung. Kinder in schlechteren Verhältnissen haben es doppelt schwer, angemessene Leistungen zeigen zu können. Solche Ungleichgewichte sind fatal, da die Schule bei allen Kindern die gleiche Messlatte anlegt. Schon jüngere Kinder merken das und entwickeln ein gewisses Leistungs- und Konkurrenzdenken.

Känguru: Was tun, wenn Kinder bei den Hausaufgaben blockieren, frustriert sind oder sehr lange an den Aufgaben sitzen?

Stomporowski:  In diesen Fällen muss man das Gespräch suchen - mal mit dem Einzelnen, mal mit den Eltern und mal mit der gesamten Klasse. Oft verfallen wir einem gewissen schulischen Rhythmus, einem ‚das war schon immer so, das hat sich bewährt‘, ohne über neue, kreative Handlungsoptionen nachzudenken. Aber auch unkonventionelle Wege können funktionieren. Zum Beispiel die Hausaufgaben eine Zeit lang auszusetzen, eine andere, individualisierte Form zu finden oder einen Teil der Unterrichtszeit für Hausaufgaben bereitzustellen. Es mag auch mal richtig sein, Kinder zu unterfordern - einfach um Erfolgserlebnisse zu provozieren.

Känguru: Wie sollten Eltern bei den Hausaufgaben unterstützen?

Stomporowski: Eltern sollten grundsätzlich Teil einer „Hausaufgaben-Kultur“ sein und so regelmäßig mitwirken, wie es ihnen möglich ist. Sie können zu Hause eine angenehme und lernförderliche Arbeitsatmosphäre schaffen und an den Hausaufgaben persönlich Anteil nehmen. Kinder brauchen Wertschätzung für das, was sie tun und zwar unabhängig von ihren Leistungen. Wichtig ist auch eine gute Kommunikation zwischen Eltern und Schule. So lernen Eltern, Verantwortung am Entwicklungsprozess ihrer Kinder zu übernehmen und die Schule erfährt mehr über die häusliche Situation und kann diese berücksichtigen.

Känguru: Wie kann man Hausaufgaben so gestalten, dass sie für die Kinder wirklich einen Mehrwert bieten?

Stomporowski: Hausaufgaben sollten abwechslungsreich sein und Kopf, Herz und Hand ansprechen. Sie ersetzen nicht den schulischen Lernprozess, sondern sollen diesen kreativ unterstützen. Wenn Kinder zu lange an den Hausaufgaben sitzen und dadurch zu wenig Freizeit haben, ist eine Grenze erreicht. Es ist durchaus sinnvoll, Hausaufgaben individuell an den Leistungsstand einzelner Schüler anzupassen, auch wenn das in der Praxis eine größere Arbeitsbelastung für die Lehrkräfte bedeutet. Ein didaktisches ‚das muss so sein - regelmäßig eine halbe Stunde ist Pflicht‘ ist pädagogischer Unsinn. Insofern plädiere ich dafür, unsere schulischen Gewohnheiten immer wieder neu zu hinterfragen. Ein schrittweises Erlernen von Eigenverantwortlichkeit kennt viele Wege, nur keine dogmatischen.

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