Stadtgespräch
Nachhaltigkeit im Schokoladenmuseum
Robin Schröder · 25.05.2018
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© Tessa Ast
Allerdings ist der Weg von der Kakaobohne bis zur fertigen Tafel im Supermarkt nicht immer mit guten Bedingungen für alle Beteiligten verbunden. Das Stichwort für Anbau, Produktion und Konsum lautet Nachhaltigkeit. Doch wie sieht nachhaltige Schokolade überhaupt aus? Die von junge Stadt Köln e.V. veranstaltete Sonderführung durch das Schokoladenmuseum gibt darauf eine Antwort.
Die Jugendlichen hören gespannt zu © Robin Schröder
Big Business Schokolade
Zur besonderen Nachhaltigkeitsführung waren Jugendliche eingeladen, um sich einmal genauer mit den Dingen zu befassen, an die wir als Endverbraucher vermutlich zu selten denken, wenn wir eine Tafel Schokolade aus dem Supermarktregal nehmen. Im Museum angekommen, begrüßte uns Viktor, der uns durch aufschlussreiche eineinhalb Stunden führen würde, bereits mit seiner lockeren Art und einem sympathischen Lächeln. Zu derart guter Laune gibt es – wie wir schon kurz darauf feststellen sollten – bei den Bauern und Arbeitern, die für den Kakaoanbau und die Schokoladenherstellung verantwortlich sind, eher selten Anlass. Denn: Schokolade ist ein Riesengeschäft, bei dem oft viel und günstig produziert wird. Dies geht zu Lasten derer Menschen, die in Südamerika und Afrika den Großteil der Arbeit verrichten und es fängt bereits auf den Kakaoplantagen an.
Die Kakaobohnen legen einen weiten Weg zurück © Robin Schröder
Anbau und Produktion
Viktor erklärt uns, dass Schokolade prinzipiell aus zwei Zutaten besteht: Kakao und Zucker. Ersteren gewinnen wir aus der Kakaobohne, die unter tropischen Temperaturen gedeiht. So ist es kein Wunder, dass der absolute Großteil der weltweit produzierten Schokolade in Entwicklungsländern hergestellt wird. Um besonders ertragreiche Kakaoernten zu haben, setzen dort noch zu viele Firmen auf riesige Plantagen, künstlich bestäubte Pflanzen und günstige Arbeitskräfte. Nachhaltig ist ein solches Vorgehen allerdings nicht, denn durch die großflächigen Anbaugebiete werden natürliche Lebensräume zerstört, während die künstliche Bestäubung zwar die Quantität erhöht, jedoch die Qualität des Kakaos senkt. Von sozialen Bedingungen für die arbeitenden Menschen lässt sich natürlich erst recht nicht sprechen. Bei 29 Cent für eine so hergestellte Tafel Schokolade stellt sich die Frage: Wie viel bekommt davon noch der Bauer vor Ort? Die Ernte muss zudem in mühsamer Handarbeit verrichtet werden, weil Maschinen die Kosten in die Höhe treiben würden. Männer und Frauen verbringen etliche Stunden zu Niedriglöhnen auf den Plantagen, weil ihnen nichts anderes übrig bleibt, um ihre Familien zu ernähren – und oft reicht noch nicht einmal das. Dann müssen auch die Kinder mithelfen. In die Schule gehen sie nicht, denn Bildung ist in diesen Ländern Luxus.
Auch bei der Herstellung werde zu viel gespart, sagt Viktor, während er uns an den hauseigenen Produktionsmaschinen des Museums entlangführt. Wer seine Kakaobohnen aus Zeitgründen schnell und intensiv röstet, verbrennt sie und setzt Bitterstoffe frei, die anschließend wieder mit noch mehr Zucker ausgeglichen werden müssen. Die Folge: Großflächiger Zuckerrohranbau zum kleinen Preis.
Viktor zeigt uns die verschiedenen Zutaten © Robin Schröder
Nachhaltigkeit kaufen
Was kann man gegen diese Umstände tun und wie können wir ganz persönlich dabei helfen? Viktor zeigt uns eine Reihe von verschiedenen Schokoladentafeln und wir stellen fest, dass wir tatsächlich beim Kauf darauf achten können, unser Geld für nachhaltig produzierte Schokolade auszugeben. Schokoladenhersteller platzieren zu diesem Zweck entsprechende Siegel auf ihren Verpackungen. So gibt es beispielsweise das GEPA-Siegel als Zeichen Fairen Handels. Die Rainforest Alliance weist darauf hin, dass die Schokolade aus Zutaten besteht, die umweltfreundlich und sozial verantwortungsvoll angebaut wurden und das UTZ-Zertifikat steht für Agrarprodukte nach ökonomischen, sozialen und ökologischen Standards.
Mit unserem Geld unterstützen wir so eine nachhaltige Schokoladenproduktion, von der alle profitieren. Die Bildungsprojekte sind dabei ein besonders wichtiges Anliegen, denn mit dem Bau von Schulen lassen sich Kinder aus dem ausbeuterischen System befreien und mit einer umfassenden Aufklärung über alternative Anbaumethoden können Mensch und Natur geholfen werden. Die ohnehin schon weitflächig gerodeten Gebiete des kommerziellen Kakaoanbaus sind in der Regel Monokulturen, das heißt, ein Kakaobaum reiht sich an den anderen. Das ist wasserintensiv, erfordert Dünger und Pestizide und reduziert die Artenvielfalt. Die nachhaltige, ökologisch bessere Lösung ist eine sogenannte Agroforstkultur, bei der auf der gleichen Plantage weitere Nutzpflanzen angepflanzt werden, die Holz und Früchte für die Bauern liefern und zugleich die empfindlichen Kakaobäume vor Wind und Sonne schützen. Ein funktionierendes Ökosystem. So bleibt mehr vom Kakao – und vom Regenwald!
www.schokoladenmuseum.de/nachhaltigkeit
Vom 18. bis 24. Juni findet im Schokoladenmuseum die Themenwoche „Schokolade und Kakao – nachhaltig und fair“ mit vielen Informationen, Führungen und Veranstaltungen statt. Das Thema Nachhaltigkeit ist jedoch auch außerhalb dieser Woche im Schokoladenmuseum immer gesetzt und findet sich in der Ausstellung und im museumspädagogischen Angebot.