Medien
Jugendbücher über den Nationalsozialismus
Lisa Böttcher · 19.05.2025
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Bücher leisten einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung ©aeroking/AdobeStock
80 Jahre sind seit dem Ende des zweiten Weltkriegs vergangen. Und während wir die Befreiung Europas vom Nationalsozialismus feiern, brechen auf der Welt wieder Kriege aus. Rechtsextreme Bewegungen werden größer und stärker und wir schauen mit Sorge in die Zukunft – unsere eigene und die unserer Kinder.
Die wenigen, noch lebenden Zeitzeug:innen und Überlebende des Holocausts und des Kriegs warnen unermüdlich vor einer Wiederholung der Geschichte. Warnen vor dem Vergessen und appellieren an die Gesellschaft, die Augen offen zu halten und einzustehen für Gerechtigkeit und Demokratie. Wenn es diese wenigen Zeitzeug:innen nicht mehr gibt, überträgt sich die Verantwortung für das Erinnern an zukünftige Generationen. Um sie bei dieser Aufgabe zu unterstützen, haben viele talentierte Autor:innen aus vergangenen und gegenwärtigen Zeiten Bücher geschrieben über das, was geschehen ist.
Nicht viele Bücher eignen sich für junge Leser:innen. Es ist aber wichtig, dass schon Kinder und Jugendliche sich mit dem Thema und der Geschichte auseinandersetzen. Dass sie erfahren, was vor gerade einmal 80 Jahren und den Jahren davor passiert ist. Denn nur dann sind sie in der Lage, Schlüsse zu ziehen und so zu handeln, dass sich dieses Grauen nicht wiederholt.
In dieser Liste finden Eltern und Jugendliche Buchempfehlungen zu dem Thema Nationalsozialismus. Sie beinhaltet Geschichten der Flucht und der Vernichtung, Geschichten aus dem Krieg und dem Alltag der Zivilbevölkerung, Geschichten von Opfern wie von Tätern und häufig auch Geschichten von Überlebenden. Die Liste ist unterteilt in die Kategorien Romane, Graphic Novels sowie Sachbücher und Biografien. All diese Geschichten, welche Altersempfehlung sie auch haben, können verstörend wirken. Es ist deshalb wichtig, die Kinder und Jugendlichen mit diesen Büchern nicht allein zu lassen, sondern darüber zu sprechen, Gedanken zu sortieren und Ereignisse einzuordnen. So sind zukünftige Generationen hoffentlich in der Lage, eine besonders schwierige Aufgabe zu erfüllen: Niemals zu vergessen.
» Romane
» Graphic Novels
» Sachbücher und Biographien
Romane:
Als die gelben Blätter fielen
ab 8 Jahren
Sommer 1943 in Vilnius, der Hauptstadt Litauens. Mit der Besatzung durch die Nationalsozialisten ändert sich das Leben in der Stadt – insbesondere für die 100.000 Mitglieder der jüdischen Gemeinde. Alon und Riwka sind zwei davon. Alon liebt Bagels und seinen gelben Drachen, den er über den Dächern des Ghettos steigen lässt, in dem die jüdischen Familien nun leben müssen. Die deutschen Besatzer haben Mauern und Tore gebaut und die Menschen im Inneren eingesperrt. Ab und zu werden Menschen nach draußen gebracht, aber sie kommen nicht wieder. Riwka ist das mutigste Mädchen der Welt, aber auch sehr traurig. Als der Herbst kommt und die gelben Blätter fallen, verschwindet sie hinter dem Tor und wenig später müssen auch Alon und seine Mutter gehen. Zurück bleiben nur Erinnerungen und Alons kleine Geige.
„Als die gelben Blätter fielen“ ist ein Bilderbuch, so poetisch und metaphorisch, dass es Erwachsene zu Tränen rührt und Kindern auf Augenhöhe begegnet. Es erzählt zugleich von einem ganzen Jahrzehnt des Schreckens und einer einzelnen Momentaufnahme aus dem Leben eines Kindes. Es endet tragisch und friedlich. Ein Nachwort zur historischen Einordnung erleichtert das Verständnis. Allerdings lädt die Geschichte auch dazu ein, sie erst einmal nachklingen zu lassen und sich dann den Tatsachen zu widmen, die ihr zugrunde liegen. So wie bei einem Gedicht.
Autor:in: Marius Marcinkevicius
Illustrationen: Inga Dagilė
Erscheinungsdatum: 09. Februar 2024
14 Euro
Die Bücherdiebin
ab 12 Jahren
2008 erschienen ist „Die Bücherdiebin“ heute bereits ein moderner Klassiker. Nicht zuletzt liegt das an der einzigartigen Erzählweise und dem spannenden Erzähler dieser Geschichte – dieser ist nämlich niemand geringerer als der Tod höchstpersönlich.
Der Tod begleitet die Protagonistin Liesel auf ihrem beschwerlichen Weg durch die Zeit des Nationalsozialismus und des zweiten Weltkriegs. Liesel lebt bei einer Pflegefamilie und ist ständig in Gefahr, da ihre leibliche Mutter Kommunistin ist. Ihre Pflegeeltern sind Liesels einzige Verbündete – und natürlich Max, der jüdische Junge, den sie im Keller verstecken. Um diese harte Zeit durchzustehen, stiehlt, leiht und liest sie Bücher. Einen Großteil dieser Bücher hat Autor Markus Zusak frei erfunden, eine zentrale Rolle spielt jedoch immer wieder Hitlers „Mein Kampf“.
Zusaks Poesie, seine Ehrlichkeit und sein sanfter Humor machen den Schrecken, den er schildert, etwas erträglicher. Liesel ist ein faszinierendes Mädchen und ein starkes Vorbild für alle Kinder, die dieses Buch in die Hand nehmen.
Autor:in: Makus Zusak
Erscheinungsdatum: Erstausgabe 27. Februar 2008
20 Euro (Hardcover)
Als Hitler das rosa Kaninchen stahl
ab 12 Jahren
Anna ist die Tochter eines beliebten Journalisten. Sie geht gerne zur Schule, hat Freund:innen und ein schönes Leben im Berlin der 30er Jahre – bis Hitler an die Macht kommt und sich alles ändert. Denn obwohl nicht besonders gläubig, ist Annas Familie doch jüdisch. Als sich die Lage zuspitzt, flieht Anna mit ihrer Familie in die Schweiz und muss alles zurücklassen – auch ihr rosa Plüschkaninchen. Während Annas Eltern nach Arbeit suchen und Anna versucht, sich ein neues Leben aufzubauen und Freund:innen zu finden, wächst der Antisemitismus auch in der Schweiz und zwingt die Familie zur erneuten Flucht in Richtung Großbritannien.
Inspiriert von ihrer eigenen Vergangenheit schafft es Autorin Judith Kerr, Annas Geschichte kindgerecht aufzuschreiben. Dem Erfolgsroman folgten zwei Fortsetzungen: „Warten bis der Frieden kommt“ und „Eine Art Familientreffen“.
Als die Welt uns gehörte
ab 12 Jahren
Unzertrennlich wachsen Leo, Elsa und Max als im Wien der 1930er Jahre auf. Eine ihrer glücklichsten Erinnerungen soll eine Fahrt mit dem Riesenrad auf dem Wiener Prater bleiben. Ein Moment, der von Leos Vater, einem bekannten Fotografen, auf Kamera festgehalten wird. Das Foto werden sie zeitlebens bei sich tragen. Denn schon bald soll sich das Leben der drei Freund:innen von Grund auf ändern und die Machtübernahme Hitlers in Österreich sie voneinander trennen. Elsas jüdische Familie flieht in der Hoffnung auf mehr Sicherheit nach Prag, wird allerdings später nach Auschwitz deportiert. Leo ist ebenfalls ein jüdischer Junge und schwebt plötzlich in großer Gefahr. Nur mit der Hilfe eines britischen Ehepaares, welches er und sein Vater im Riesenrad kennengelernt haben, kann er in England in Sicherheit gebracht werden, wo er jedoch der Fremde bleibt. Max hingegen ist der Sohn eines österreichischen Nazis. Sein Vater verbietet ihm den Kontakt zu seinen Freund:innen. Die Familie zieht nach München, wo der Vater SS-Obersturmführer wird und Max dem Jungvolk beitritt. Er stellt sich fortan dem inneren Kampf zwischen Zugehörigkeit und seinem Gewissen, den er langsam verlieren wird.
Liz Kessler erzählt in diesem Roman auch ihre eigene Geschichte, denn ihr Großvater überlebte die Shoah nur dank einer Bürgschaft aus England. Schonungslos und ehrlich berichtet sie von der Trennung dreier Freund:innen und ihren dramatischen Lebenswegen, die rückblickend eine grausame Normalität dieser Zeit widerspiegeln.
Jugend ohne Gott
ab 12 Jahren
Bücher über den Nationalsozialismus gibt es viele. Ein Großteil davon wurde nach dem Ende des zweiten Weltkriegs geschrieben und veröffentlicht – in einer Flutwelle von Verarbeitung und Reflektion; später dann als Teil einer Erinnerungskultur. Seinen Roman „Jugend ohne Gott“ veröffentlicht Ödön van Horváth jedoch bereits 1937. Inmitten der Unterdrückung schreibt er über das Verhältnis von Individuum und Staat in einem totalitären Regime, über die Bedeutung der Wahrheit und die Verantwortung der Gesellschaft für den Einzelnen. Über einen idealistischen Lehrer, der sich gegen die faschistischen Tendenzen seiner Schüler durchzusetzen versucht. In einem holländischen Exilverlag erschienen wird „Jugend ohne Gott“ bereits 1938 von den Nationalsozialisten in Deutschland verboten und auf die „Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums“ gesetzt. Heute verleiht das dem Werk eine einzigartige Aktualität.
„Jugend ohne Gott“ ist auch aufgrund seines Alters keine leichte Lektüre und wird in Schulen häufig mit Literaturschlüssel und begleitendem Unterrichtsmaterial gelesen. Jugendliche mit gutem Leseverständnis werden die Direktheit Ödön van Horváths allerdings zu schätzen wissen.
Autor:in: Ödön von Horváth
dtv Verlag (zuerst erschienen im holländischen Exilverlag)
Erscheinungsdatum: Ersterscheinung 1937
12 Euro
Heul doch nicht, du lebst ja noch
ab 13 Jahren
Traute, Hermann und Friedrich, der eigentlich Jakob heißt, verbindet alles und nichts zugleich. Sie überlebten als Kinder den zweiten Weltkrieg und stehen nun vor den Trümmern ihrer Gegenwart – in der Verantwortung eine neue Zukunft zu bauen und dabei die Geschehnisse zu verstehen. Hermann muss alle zwei Stunden nach Hause, um seinen verwundeten Vater auf die Toilette zu tragen, und immerzu fragt er sich, wieso die Deutschen nicht gesiegt hatten – so wie es ihnen versprochen wurde – und weshalb sie plötzlich Schuld an allem tragen. Jakob treibt nach Jahren des einsamen Versteckspiels in einer Ruine der Hunger wieder in die Straßen des zerstörten Hamburgs, wo er sich Friedrich nennt, um nicht als Jude erkannt zu werden. Traute teilt sich die Wohnung mit ihrer Familie und Geflüchteten und findet nicht so richtig Anschluss in der zertrümmerten Stadt, die nicht mehr so aussieht wie früher. Unerwartet schließen die drei eine Freundschaft – bis Hermann erfährt, dass Jakob eigentlich ein Jude ist.
Kirsten Boie erzählt die komplexe Geschichte des Nachkriegsdeutschlands aus der Sicht dreier sehr unterschiedlicher Jugendlicher und schafft durch ihre beobachtende und wertfreie Schreibart eine Annäherung an die Wirklichkeit.
Graphic Novels:
Maus
ab 12 Jahren
Die jüdischen Menschen als Mäuse, die Nazis als Katzen – um diese einfache, fast schon fabelähnliche Metapher spinnt Art Spiegelman die Geschichte seines Vaters Wladek Spiegelman, der die Shoah überlebte. Der erste Band des zweiteiligen Graphic Novels trägt den Titel „Maus – Mein Vater kotzt Geschichte aus“. Das klingt despektierlicher als es im Endeffekt ist, unterstreicht aber den zweiten Handlungsstrang der Geschichte: Die angespannte Beziehung des Protagonisten zu seinem Vater, der seit dem Selbstmord der Mutter verbittert und gebrochen ist. Art Spiegelman springt in diesem klar biographischen Werk zwischen den Zeiten, arbeitet seine eigene Jugend und die lang vergangene Geschichte seiner Familie auf. Den Einzug Wladeks in die polnische Armee, die deutsche Kriegsgefangenschaft und die Deportation nach Auschwitz, wo schließlich der zweite Band „Und hier beginnt mein Glück“ ansetzt. Er thematisiert das Leben im Konzentrationslager, die Befreiung durch den Vormarsch der roten Armee, die Wiedervereinigung mit Wladeks Ehefrau und schließlich die Emigration über Stockholm in die USA.
Die metaphorische Darstellung der Menschen als Katzen und Mäuse – eine klassische Idee aus der Welt der Fabeln – bricht die Geschichte von Wladek Spiegelman auf eine verstörende und zugleich faszinierend einfache Art herunter. Der Graphic Novel ist schonungslos in seiner bedrückenden graphischen Darstellung und seiner unverhohlenen Ehrlichkeit. In das erste Kapitel entlässt Spiegelman seine Leser:innen mit einem Zitat Adolf Hitlers. Dennoch oder gerade deswegen – der Autor und Zeichner revolutionierte mit „Maus“ die Comicbranche. Er erhielt für das Werk den Pulitzerpreis. „Maus“ ist wohl am ehesten das, was man einen modernen Klassiker nennen kann. Ein Werk, dass jede:r gelesen haben sollte. Aber erst ab einem jugendlichen Alter und am besten mit Unterstützung von Eltern oder Lehrpersonen.
Autor:in: Art Spiegelman
Illustrationen: Art Spiegelman
Erscheinungsdatum: Ersterscheinung 1989
22 Euro
Sterben für die Freiheit – Sophie Scholl und Frauen des Widerstands
ab 12 Jahren
Die junge Französin Claire erbt ein Notizbuch von ihrer verstorbenen Tante. Es enthält die Aufzeichnungen einer deutschen Spionin aus der Zeit des dritten Reiches. Ihre Aufträge führen sie in die Leben von vier außergewöhnlichen Frauen, die sich den Schrecken des Nazi-Regimes mutig und voller Tatendrang widersetzt hatten: die britische Pilotin Amy Johnson, die deutsche Widerstandskämpferin und Mitglied der Weißen Rose Sophie Scholl, die Aktivistin und Feministin Berty Albrecht und die heute nahezu in Vergessenheit geratene jüdische Heldin Mila Racine, die unzähligen jüdischen Kindern das Leben rettete. Claire beschließt, den Geschichten dieser Spionin gemeinsam mit ihrem Mann nachzugehen, vertieft sich in die Recherche, besucht Bibliotheken und Museen. Sie erfährt, dass besagte deutsche Spionin für den Tod einer dieser Frauen, aber auch für die Rettung einer anderen verantwortlich ist, und erkennt am Ende schließlich auch, in welchem Verhältnis sie zu dieser mysteriösen Frau steht.
Die erfundene Geschichte einer fiktiven Spionin vereint in diesem Graphic Novel die wahren Geschichten von vier unerschütterlichen Frauen. In einem stetigen Wechsel zwischen Vergangenheit und Gegenwart erfahren die Leser:innen so mehr über das Wirken dieser Frauen bis in unsere Zeit hinein. Durch die eindrucksvollen Illustrationen, die kleine Schrift sowie die zeitweise grausamen Handlungen eignet sich „Sterben für die Freiheit“ eher für Jugendliche als für Kinder.
Autor:innen: Régis Hautière, Francis Laboutique, Emmanuelle Polack
Illustrationen: Pierre Wachs, Mark Veber, Ullcer, Olivier Frasier
Erscheinungsdatum: 19. September 2016
24,99 Euro
Fenster in der Nacht – Geschichten der Hoffnung
ab 12 Jahren
Fünf Geschichten über den Holocaust. Fünf Geschichten über die Schrecken, denen jüdische Menschen zu dieser Zeit ausgesetzt waren. Und fünf Geschichten über Wunder, die passiert sind oder hätten passieren können. Über einfache Leute, die Menschen jüdischen Glaubens in ihren Hinterzimmern vor den Soldaten der Wehrmacht versteckt hielten. Über mystische Fabelwesen, die die Menschen vor dem Tod in den Gaskammern bewahrten. Und über biblische Phänomene, die Unschuldige vor der Verfolgung retteten.
Autor Neal Shusterman verknüpft Fantasie mit Wirklichkeit. Was davon nun wahr ist und was nicht, spielt allerdings eine untergeordnete Rolle und kann von jedem selbst entschieden werden. Denn was dieses Buch seinen Leser:innen ganz klar zeigt, ist, dass jeder Mensch sich der Ungerechtigkeit widersetzen und in großer Not helfen kann. Es erzählt von Vertrauen, Mut und Rettung in den dunkelsten Zeiten der Menschheitsgeschichte und lässt uns eine Perspektive der Hoffnung einnehmen, während zeitgleich klargestellt wird: So etwas darf nie wieder passieren.
Autor:in: Neal Shusterman
Illustrationen: Andrés Vera Martínez
Erscheinungsdatum: 10. Januar 2024
22 Euro
Sachbücher und Biographien:
Kinder unterm Hakenkreuz – Wie wir den Nationalsozialismus erlebten
ab 9 Jahren
Zehn Kinder, zehn Geschichten – jede davon auf ihre eigene Weise bedrückend und grausam, aber auch hoffnungsvoll. Da ist die kleine Erna, die sich während des „Judenboykotts" vom 1. April 1933 ihr Sparschwein schnappt und mutig an einer Gruppe Soldaten vorbei in das Schuhgeschäft ihrer Nachbarin Blümchen marschiert, um der alten, verzweifelten Dame dort Gesellschaft zu leisten. Oder der 11-jährige Willi – ein stolzes Mitglied des Jungvolks und Anwärter auf die Hitlerjugend –, der all die Geschichten über jüdische Mitmenschen glaubt und die Nürnberger Gesetze lernt, und der doch nicht versteht, wie all das auf seinen jüdischen Mitschüler Michael zutreffen soll, der doch so fantastisch Fußball spielt. Und da sind Lea und ihre zwei jüngeren Brüder, die schon eine kräftezehrende Flucht hinter sich haben und nach der Festnahme ihrer Eltern aus einer Wohnung in Paris mit falschen Papieren in ein Bergdorf fliehen müssen.
Der Autor und Geschichtslehrer Frank Schwieger erzählt einfühlsam und detailgetreu die wahren Geschichten von zehn Kindern vergangener Zeit. Er lässt seine Leser:innen gezielt die Perspektiven der Protagonist:innen einnehmen. Das zu ertragen, ist nicht immer ganz leicht, aber wichtig für das Verständnis der Geschehnisse zwischen 1933 und 1945. Für Erwachsene sowie für Kinder. Wichtige Daten und Ereignisse werden zwischen den Kapiteln zusätzlich mit Bildmaterial erläutert.
Autor:in: Frank Schwieger
Illustrationen: Friederike Ablang
dtv VerlagErscheinungsdatum: 12.01.2023
18 Euro
Zeit der Finsternis – Der zweite Weltkrieg
ab 10 Jahren
Die Geschichte setzt sich weniger aus Zahlen und Dokumenten zusammen, als aus vielen kleinen persönlichen Schicksalen, die sich in einer schmetterlingseffektähnlichen Konsequenz zu dem aufsummieren, was wir rückblickend als weltgeschichtliches Ereignis wahrnehmen. So auch der zweite Weltkrieg. Zumindest versucht Dominic Sandbrook in „Zeit der Finsternis“ dieses dunkle Kapitel auf diese besondere Art aufzuarbeiten, indem er die Geschichten einzelner Menschen erzählt, die einen großen oder kleinen Einfluss hatten. Er erzählt von Max Schroeder, dem ersten US-amerikanischen Soldaten, der am 6. Juni 1944 Fuß auf französischen Boden setzte und Geschichte schrieb – ohne jemals wirklich gekämpft zu haben, denn er wurde nur wenige Augenblicke nach der Landung verwundet und in ein Krankenhaus nach Großbritannien gebracht. Oder die Geschichte eines jungen, unzufriedenen Künstlers, der nach eifrigem Kriegsdienst im ersten Weltkrieg und einer historischen Rede in einer Münchener Brauerei die Welt in Chaos und Dunkelheit stürzen sollte.
Gut recherchiert, faktenbasiert und doch so spannend und emotional zu lesen wie ein Roman ist dieses Buch eine Empfehlung für junge Leser:innen, die schon über eine gewisse Grundkenntnis verfügen und die Geschichte gerne anhand von Geschichten lernen.
Autor:in: Dominic Sandbrook
Illustrationen: Nele Schütz und Sonja Gebhardt
Penguin Random HouseErscheinungsdatum: 09. November 2021
15 Euro
Nicht sehr lang her, nicht sehr weit weg
ab 10 Jahren
Den Hass und das System, welches damals zum Holocaust geführt hat, zu verstehen, ist den meisten Erwachsenen unmöglich. Um jedoch das Ausmaß der Shoah zu begreifen ist es essenziell, ihre Ursachen zu kennen – auch und gerade für Kinder. Zeitzeug:innen wird es bald nicht mehr geben und die Verantwortung, sich zu erinnern, liegt bei der nächsten Generation. Die Autorin und Illustratorin Carla Infanta Gabor versucht in diesem Buch für Kinder ab 10 Jahren die Hintergründe dieser schlimmen Zeit kindgerecht aufzubereiten. Sie klärt Fragen wie: Wer war Hitler? Warum wurden so viele Menschen zu Nazis? Was passierte in den Novemberpogromen? Wer entschied, Juden zu verfolgen? Und was geschah mit ihnen? Grundlegende Fragen, deren Verständnis wichtig ist für einen klaren Blick auf den Gesamtzusammenhang. Viele Inhalte, die nur schwer in Worte zu fassen sind, transportiert sie dabei über die Bilder.
Das Buch eröffnet Eltern die Möglichkeit, fundiert und zunächst auf kleinen Ebenen mit ihren Kindern über das Geschehene zu sprechen, um sich so langsam der Frage zu nähern: Was war der Holocaust? „Nicht sehr lang her, nicht sehr weit weg“ ist trotz Bilderbuchcharakter kein Buch, welches jüngere Kinder sich in Eigenlektüre erschließen können und auch kein Buch für zwischendurch. Es handelt sich um ein Sachbuch, welches Begleitung und Kontextualisierung erfordert.
Autor:in: Carla Infanta Gabor
Illustrationen: Carla Infanta Gabor
Fischer SauerländerErscheinungsdatum: 26. März 2025
19,90 Euro
Das Tagebuch der Anne Frank
ab 12 Jahren
Das Tagebuch der Anne Frank ist eines der meistgelesenen Bücher der Welt. Es wurde in 67 Sprachen übersetzt und über 31 Millionen Mal verkauft. Diese unglaubliche Reichweite hatte sich die junge Anne Frank wohl nicht ausgemalt, als sie sich dem kleinen, karierten Büchlein anvertraute, das ihre Eltern ihr geschenkt hatten. Das Mädchen wächst zur Zeit des Nationalsozialismus in Amsterdam auf und erlebt, wie jüdische Menschen immer mehr eingeschränkt und unterdrückt werden. Mehrfach versucht Annes Vater Otto Frank Asyl in einem anderen Land zu beantragen – erfolglos. Schließlich zwingt die Verfolgung die Familie dazu, in ein Hinterhaus an der Prinsengracht zu flüchten und sich dort versteckt zu halten. Bis heute ist unklar, wie und warum das Versteck der Franks entdeckt wurde. Die Familie wurde verhaftet und deportiert. Otto Frank überlebte die Lagerhaft als einziger. Er entschied sich dazu, die Tagebücher seiner Tochter zu veröffentlichen.
Das Tagebuch der Anne Frank ist längst eine tragende Säule der Weltkriegsliteratur. Ehrlich und offen erzählt Anne aus ihrem Leben – und die Geschichten sind keinesfalls nur furchtbar. Anne gewährt uns einen intimen Einblick in das Leben und den Alltag einer jüdischen Familie auf der Flucht. Wir wissen, wie grausam ihre Geschichte endet. Anne wusste es während des Schreibens nicht. Jede:r sollte Anne Franks Tagebuch einmal gelesen haben.
Autor:in: Anne Frank (veröffentlicht durch den Vater nach ihrem Tod)
Fischer Taschenbuch VerlagErscheinungsdatum: Ersterscheinung 1947
11 Euro (Neupreis)
Ihr sucht noch mehr tolle Kinder- und Jugendbücher? Wie wäre es mit Antirassistischen Kinderbüchern oder Büchern zum Thema Klimaschutz? Wir wünschen euch viel Spaß beim Lesen und Vorlesen.