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Familienleben

Pflegefamilie – Ein Geschenk für Eltern und Kind

Janina Mogendorf · 12.04.2023

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© motortion/Adobe Stock

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Anja Taubner *) erinnert sich noch genau an den Tag, an dem ihr Pflegekind Jannik in ihr Leben kam. „Es war das Jahr 2013. Mein Mann und ich waren total aufgeregt. Wir haben uns so auf ihn gefreut!“ Lange hatte sich das Paar aus dem Rheinland auf diesen Moment vorbereitet. „Wir haben keine leiblichen Kinder, aber wollten immer gerne eine Familie sein. Und so haben wir schon früh überlegt, ein Pflegekind aufzunehmen.“

Anja und Jochen kontaktierten das örtliche Jugendamt, ließen sich beraten und beschlossen, den dortigen Kurs für angehende Pflegeeltern zu besuchen. In den folgenden Monaten lernten sie, was diese besondere Aufgabe alles mit sich bringt. Pflegeeltern erklären sich bereit, nicht nur ihr Zuhause, sondern auch ihr Leben und ihr Herz für ein Kind zu öffnen, das aus den unterschiedlichsten Gründen wie zum Beispiel Vernachlässigung, Traumatisierung oder Gewalterfahrungen nicht in seinem bisherigen Zuhause leben kann.

„Es dauerte fast ein Jahr, bis er sich eingelebt hatte.“

Anja Taubner arbeitete damals noch als Erzieherin in einem integrativen Familienzentrum und hatte somit bereits viele Erfahrungen mit Kindern sammeln können. Nach einer gut vorbereiteten Anbahnung kam dann der erste Nachmittag mit Jannik, der für alle Beteiligten sehr emotional war. Mit Geschenken und einer gemütlichen Kaffeerunde versuchten sie, dem Kleinen das Ankommen zu erleichtern. Denn der Einzug eines Pflegekindes bei seiner neuen Familie bedeutet immer auch den Abschied aus den bisherigen Lebensbezügen. Zu Beginn spürten Anja und Jochen deutlich, wie sich die bisherigen Trennungserfahrungen und Erlebnisse der ersten Lebensjahre auf Jannik ausgewirkt hatten. „Es dauerte fast ein Jahr, bis er sich eingelebt hatte. Er war oft sehr unruhig, schlief schlecht und litt unter Hautproblemen. Auch seine sprachliche und motorische Entwicklung war stark verzögert.“ Anja, die am Tag seiner Ankunft in Elternzeit gegangen war, nahm sich viel Zeit und kümmerte sich liebevoll um ihn.

„Viele konnten nicht verstehen, dass er seine leiblichen Eltern weiterhin alle sechs Wochen traf.“

Anjas und Jochens Entscheidung, ein Pflegekind aufzunehmen, stieß damals auf unterschiedliche Reaktionen. Während die erweiterte Familie sich einfach freute und Jannik herzlich aufnahm, kamen aus dem Freundes- und Bekanntenkreis viele Fragen. „Zum Beispiel, wie lange Jannik bei uns bleiben würde und ob wir ihn adoptieren könnten. Viele konnten nicht verstehen, dass er seine leiblichen Eltern weiterhin alle sechs Wochen traf.“ Das ist jedoch Realität für Kinder, die in Pflegefamilien aufwachsen. Nicht nur Kontakte zu den leiblichen Eltern, sondern auch Geschwisterbeziehungen müssen neu eingeordnet werden. „Sie gehören zwei Familiensystemen an. Denn man kann ja nicht einfach sagen, du lebst jetzt mit uns und alles, was vorher war, existiert nicht mehr. Ob Kinder, die in Pflegefamilien leben, weiterhin Kontakt zu Mitgliedern aus ihren Herkunftsfamilien haben, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab“, sagt Anja. Sie und ihr Mann erlebten Janniks Verbindung zu seinen leiblichen Eltern als zunehmend herausfordernd, der Umgang wurde immer schwieriger.

Unterstützung und Hilfe

Um Familie Taubner zu unterstützen, veranlasste das Jugendamt, die LVR-Jugendhilfe Rheinland einzubinden, ein öffentlicher Träger, der die Familie seither engmaschig begleitet. „Wir sind im ständigen Austausch mit den Erziehungsstellen, helfen bei Problemen, aber auch wenn es um die Förderung und Entwicklung von Pflegekindern geht. Wir bieten regelmäßige Fortbildungen und Supervision an und organisieren Treffen für Pflegeeltern“, erklärt Erziehungsstellenberaterin Ellen Hebestreit, die auch Familie Taubner betreut. Das Angebot richtet sich an professionelle Erziehungsstellen, also Familien für Kinder mit einem erhöhten Betreuungsbedarf. Die Pflegeeltern haben meist eine pädagogische Ausbildung oder bringen sehr viel Erfahrung mit. „Es kommt aber auch vor, dass sich bei normalen Pflegefamilien, wie den Taubners, besondere Herausforderungen ergeben und sie dann mehr Begleitung benötigen, als das Jugendamt selbst ermöglichen kann. Dann übernehmen dies Träger wie der LVR“, so Ellen Hebestreit.

„Wir spielen nicht Familie, wir sind Familie!“

Jannik lebt heute seit zehn Jahren bei Anja und Jochen und sieht sie als seine Eltern. „Wir spielen nicht Familie, wir sind Familie! Allerdings eine öffentliche“, macht Anja deutlich. „Unsere Tür steht dem Jugendamt und der Ergänzungspflege offen.“ Viele Entscheidungen werden gemeinsam getroffen, denn das Sorgerecht liegt nicht bei ihnen. „Als Pflegeeltern haben sie eine Vollmacht, die alle Belange des Alltags abdeckt. Weitere Entscheidungen werden gemeinsam mit den sorgeberechtigten Eltern oder einer:einem Vormund: in oder Ergänzungspfleger:in getroffen“, erklärt Ellen Hebestreit. Für Anja ist das manchmal eine Herausforderung. Einerseits leben sie als normale Familie, andererseits wahrt sie eine professionelle Haltung. Für die Begleitung und Unterstützung durch Jugendamt und LVR-Jugendhilfe Rheinland ist sie sehr dankbar. „Es ist entlastend zu wissen, dass wir nicht alles alleine tragen müssen und jederzeit unsere Erziehungsstellenberaterin anrufen können“, sagt sie. „Wer überlegt, ein Pflegekind aufzunehmen, sollte sich bewusst sein, dass diese Kinder nicht einfach nebenherlaufen. Sie bringen alle ihr Päckchen mit und es braucht Geduld und Kraft, sie in ihrer Entwicklung zu unterstützen.“

„Ihn begleiten zu dürfen, eine Familie sein zu dürfen, das ist für uns ein großes Geschenk.“

Jannik haben die bisherigen Jahre bei Anja und Jochen sehr gutgetan. Die klaren Strukturen und die verlässliche Bindung zu seinen Pflegeeltern ermöglichten einen großen Entwicklungsschub. „Bei den ersten Vorsorge-Untersuchungen beim Kinderarzt war Jannik noch entwicklungsverzögert, doch dann holte er so schnell auf, dass er regulär eingeschult werden konnte. Auch die Konzentrationsprobleme, mit denen er in der Grundschule zu kämpfen hatte, haben wir gut in den Griff bekommen, sodass es nun in der weiterführenden Schule gut läuft“, freut sich Anja. Sie selbst ist nicht mehr in ihren Beruf zurückgekehrt. „Es war mir wichtiger, immer für Jannik da sein zu können. Er sollte die Möglichkeit haben, zu Hause in Ruhe seine Hausaufgaben zu machen und in seiner Freizeit einen guten Ausgleich zu finden.“ Wie toll er sich entwickelt hat, erfüllt Anja und Jochen mit großer Freude. „Ihn begleiten zu dürfen, eine Familie sein zu dürfen, das ist für uns ein großes Geschenk. Wir erleben jeden Tag, dass es sich lohnt, sich reinzuknien, zu kämpfen und Zeit zu investieren. Wir sind total stolz auf ihn!“

*) Namen der Familie und des Kindes von der Redaktion geändert