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Familienleben

Mit Kindern über Politik reden

Annika Eliane Krause · 24.05.2024

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© Reese/peopleimages.com/AdobeStock

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Am 9. Juni ist Europawahl – ein guter Anlass, um sich zu fragen, wie wir unseren Kindern Themen wie Demokratie, Wahlen und Politik allgemein näherbringen können. Daniel Kraft vertritt die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) als Pressesprecher und ist Leiter der Stabsstelle Kommunikation. Er ist selbst Vater von zwei Töchtern und spricht mit uns darüber, wie wir mit unseren Kindern über Politik reden können.

KÄNGURU: Was kann ich dafür tun, um das Interesse meines Kindes für Politik zu wecken?

Daniel Kraft: Ich persönlich beobachte immer wieder, dass es wichtig ist, in den Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen unterwegs zu sein und zu überlegen, wo Politik in deren Alltag hinein interveniert. Wenn ich über Themen spreche, die Kinder betreffen – Wie wird der Garten vor der Kita gestaltet? Welche Spielzeuge soll es geben? – ist das Interesse da. Aber auch jenseits von diesen konkreten, einen selbst betreffenden Fragen finden „große“ politische Themen in der Schule, ja sogar schon im Kindergarten, statt. Zum Beispiel, wenn Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine in die Klasse kommen und auch als der Anschlag auf Israel am 7. Oktober 2023 stattgefunden hat, gab es entsprechende Fragen. Das Geschehen in der Welt bewegt Kinder, sie bringen die Themen mit nach Hause. Unsere Aufgabe als Erwachsene ist es dann, darauf einzugehen und die Fragen einzuordnen.

Ich habe zwei Töchter, 9 und 13 Jahre alt, und ich habe in den letzten Jahren immer wieder erlebt, dass sie Fragen stellen, ob ich es will oder nicht. Das ist auch immer wieder ein Ratschlag von uns in der bpb: Greifen Sie die Themen auf! Zu hoffen, man könne Kinder vor Themen schützen, ist illusorisch. Die Themen sind da und es ist wichtig, darauf einzugehen und sie aktiv anzusprechen.

Ab welchem Alter können wir Kindern die Themen Demokratie, Europa, Wahl etc. erklären und näherbringen?

Ich war als Elternvertreter in der Kita meiner Tochter, um darüber abzustimmen, welches Essen es dort geben soll. Da waren auch zwei Kita-Kinder mit dabei. Das ist genau so ein Beispiel, dass eben nicht nur Eltern an der Frage beteiligt werden, sondern auch die Kinder. Es ist ein wichtiges Einüben von demokratischen Prozessen. Also da, wo es möglich ist. Man darf nicht so tun, als ob Kinder bei allen Themen mitentscheiden dürfen. Aber an bestimmten Stellen können auch schon Kinder in Entscheidungsprozesse eingebunden werden, sodass man dann von diesem Einzelfall auch ins Größere gehen kann. Ich empfehle, nicht zu komplexe, politologische Begriffe frühzeitig einzuführen, sondern eher das Politische des Alltags anzuschauen. Aus meiner Sicht beginnt politische Bildung im Kleinkindalter. Wenn man den Politikbegriff so versteht, dass Politik alles ist, was unser gesellschaftspolitisches Zusammenleben prägt, kann man auch schon mit sehr kleinen Kindern über Politik reden, weil Politik uns alle betrifft.

Welche Hilfsmittel empfehlen Sie, um Kindern politische Themen näherzubringen?

Wir von der bpb bieten verschiedenes Material für die politische Bildung von Kindern an, auch kostenfrei. Das beginnt mit Kinderbüchern für das Vorlesealter, geht über zu Comics und Spielen von „Hanisauland“ für das Grundschulalter, bis zum Jugendmagazin fluter. Wir sind auch in Partnerschaften mit Content Creators auf TikTok, YouTube oder Instagram unterwegs. Aus meiner Sicht haben wir in unserem Land zum Glück die Situation, dass es viele Möglichkeiten für politische Bildung gibt. Öffentliche Institutionen, private Stiftungen, Medienhäuser – das Angebot ist da, es muss nur genutzt werden.

Wie schätzen Sie die Qualität der politischen Bildung durch die Schule ein?

Wir organisieren jedes Jahr einen großen Wettbewerb für Schülerinnen und Schüler und es werden unglaublich viele tolle Ergebnisse von Schulen aus dem gesamten Bundesgebiet eingereicht. Außerdem merken wir, dass junge Menschen, die frisch aus dem schulischen Kontext herauskommen, häufig sehr politisch gebildet sind. Oft fängt erst im Rentenalter die intensive Auseinandersetzung erneut an. Dazwischen rücken andere Bereiche des Lebens, wie die Karriere oder Familie, in den Vordergrund. Die Stereotype, dass junge Menschen nicht politisch interessiert seien und keine Ahnung hätten, kann ich nicht bestätigen. Ich beobachte, dass die politische Bildung im deutschen Schulsystem auch im internationalen Vergleich einen hohen Stellenwert hat.

Wie kann ich damit umgehen, wenn ich merke, dass mein Kind eine ganz andere politische Orientierung entwickelt als ich?

Wann war das je anders? Ich glaube, das ist ein typisches Phänomen zwischen den Generationen. Ich kann mich an viele Diskussionen am heimischen Küchentisch erinnern, in denen ich mit meinem Vater nicht übereingestimmt habe. Bis zu einem gewissen Maß ist das normal und kann zu einem anregenden politischen Austausch führen. Aber zur Wahrheit gehört auch, dass uns als bpb häufig von massiven Problemen bei politischen Themen in Familien berichtet wird. Seit 2015, mit dem Anstieg der Geflüchteten, und auch durch die Coronapandemie hat sich diese Situation verschärft. Wir raten, in der persönlichen Verbindung zu bleiben – auch bei der Konfrontation mit Verschwö- rungserzählungen und abstrusen politischen Ansichten. Man muss aber auch Haltung zeigen und kann versuchen, mit Fakten dagegenzuhalten.

Es kann auch sinnvoll sein, die Aussagen des Gegenübers plastisch herunterzubrechen – „Was bedeutet das denn genau? Was bedeutet es für dich? Was wäre die Konsequenz?“ – und so anschaulich zu machen, wohin extreme Positionen für ganz konkrete Menschen führen können. Manchmal ist es auch so, dass man über bestimmte politische Themen einfach nicht mehr sprechen kann und sie meidet. Aber auch da würde ich empfehlen, in der Verbindung zu bleiben. Denn nur die Verbindung bewahrt die Chance, überhaupt noch mal einen Zugang zu finden. Besonders junge Menschen neigen zu extremeren Ansichten, ändern diese aber auch viel schneller, wenn sie mit anderen Argumenten und Weltsichten konfrontiert werden. Und last, but not least, diskutieren Sie mit ihren Kindern über die Quellen, die sie nutzen! Das ist ganz wichtig, denn nicht alles, was auf TikTok steht, ist deshalb wahr! Medienkompetenz ist hier der Schlüssel!

Die Wahlberechtigung für die Europawahl 2024 ist erstmals auf 16 Jahre herabgesetzt worden. Damit übertragen wir jungen Menschen mehr politische Verantwortung. Wie schätzen Sie diese Entwicklung ein?

Ich selbst war mit 16 Jahren politisch interessiert: Ich war in der Umwelt AG und konnte mich an Stellen engagieren, die ich als berufstätiger Mensch gar nicht mehr schaffe. Auch meine Töchter sind politisch sehr interessiert und aufgeschlossen. Sie haben eigene politische Fragen, horchen nach und verfolgen Themen. Ich habe großes Vertrauen in junge Menschen, dass sie sich nicht nur interessieren, sondern auch informieren. Denken wir an die Demokratie-Demonstrationen der letzten Monate und die Klimabewegung – es hat sich gezeigt, dass es ganz viele junge Menschen gibt, die enorm politisiert sind und sich dafür interessieren, was aus ihrer Zukunft wird.

Die Senkung des Mindestalters sehe ich also als positive Entwicklung. Ich hoffe sehr darauf, dass das Recht auch genutzt wird. Um besonders den Erstwählern und -wählerinnen das Informieren leichter zu machen, haben wir als Bundeszentrale für politische Bildung den Wahl-O-Mat erfunden. Damit müssen sie nicht 100 Parteiprogramme durchlesen, sondern nur 38 Thesen durchspielen. Am 7. Mai wurde der Wahl-O-Mat für die Europawahl freigeschaltet.

Bei der Europawahl 2019 gab es die höchste Wahlbeteiligung seit 20 Jahren. Der stärkste Anstieg wurde bei der Wahlbeteiligung in den Altersgruppen unter 25 und bei den 25- bis 39-Jährigen verzeichnet. Würden Sie sagen, dass das politische Interesse von jungen Menschen zugenommen hat? Woran liegt das?

Ja, es hat zugenommen. Menschen merken sehr genau, was um sie herum passiert. Krieg in Europa, Klimawandel, Coronapandemie – das sind Themen, die sie betreffen, die nah sind. Die zukünftigen Generationen stehen vor vielen Herausforderungen. Das führt zu Interesse und Engagement. Deshalb glaube ich, dass die Wahlbeteiligung dieser Altersgruppen auch bei zukünftigen Wahlen hoch ausfällt.

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