Familienleben
Gartenparadies auf Balkon und Fensterbank
Ursula Katthöfer · 04.05.2022
zurück zur ÜbersichtMit dem eigenen Hochbeet zum Gartenprofi werden © Patrick Daxenbichler/AdobeStock
Konventionelles Saatgut ist inzwischen in vielen Supermärkten preiswert zu haben. Biosaatgut gibt es seltener, da es für Züchter:innen sehr aufwendig ist, es herzustellen. Doch anders als Hybride aus dem Labor ist Biosaatgut unserer Region angepasst. Die Pflanzen sind widerstandsfähig und bleiben gesund, sie vertragen unser Klima und werden mit den hiesigen Schädlingen einigermaßen fertig. Sie haben sich auf natürliche Weise an ihre Umwelt angepasst – ohne chemische Nachhilfe. Zudem sind sie meist samenfest, das heißt, dass auch ihre Samen nach der Blüte geerntet und ausgesät werden können. Das geht mit F1-Hybriden aus konventioneller Produktion nicht. Die Forschungsgruppe RightSeeds informiert über Saaten und Sorten. Das Saatgut von Bingenheimer ist in vielen Biomärkten und Unverpacktläden erhältlich.
Kresse geht immer
Die leicht scharfe Gartenkresse verfeinert Salate und Gemüse und sie gelingt ganz einfach: In einer Schale mit flachem Boden wird ein doppelt gefaltetes Küchenpapier ausgelegt. Kressesamen gleichmäßig ausstreuen und wässern. Schon nach wenigen Stunden haben die Samen sich vollgesogen und platzen auf. Sie keimen. Dann kann man den Kressesprossen beim Wachsen zusehen. Sie sind nach einer Woche erntereif – auch für Kinder ein schönes Erfolgserlebnis. Andere Sprossen, die sich zuhause anbauen lassen, sind Alfalfa, Radieschen, Erbsen und Rucola. Mehr dazu bei der Sprossenwelt.
Basilikum ist eigenwillig
Nährstoffarme Anzuchterde lässt den Basilikum sprießen © DarwelShots/AdobeStock
Basilikum selbst aus Samen zu ziehen, ist eine Kunst. Das Saatgut möchte zunächst in Kamillentee eingeweicht werden, damit es besser keimt. Da Basilikum zu den Lichtkeimern gehört, wird es beim Aussäen auf der feuchten Erde verteilt, aber nicht mit ihr bedeckt. Nur Dunkelkeimer wie Petersilie oder Schnittlauch keimen unter einer Erdschicht. Wie jedes andere Saatgut auch, braucht Basilikum nährstoffarme Anzuchterde und keine reichhaltige Komposterde. Denn selbst der kleinste Samen bringt viel Energie für die erste Wachstumsphase mit und benötigt daher keinen Dünger. Bilden die kleinen Basilikumpflänzchen lange, schwächliche Triebe, hatten sie nicht genug Sonne. Denn Basilikum liebt den sonnigen Standort. Kurz: Es ist deutlich stressfreier, eine Pflanze im Gartencenter zu kaufen, einzupflanzen und bei Bedarf zu ernten.
Blumenkästen drinnen und draußen
Minze, Salbei, Oregano, Thymian und Glattpetersilie halten sich innen auf der hellen Fensterbank. Viel schöner finden sie es allerdings draußen bei Sonne, Wind und Regen. Blumenkästen auf der äußeren Fensterbank müssen allerdings abgesichert sein, damit ein Sturm sie nicht hinunterfegen kann. Auch empfiehlt es sich, die innere Fensterbank nicht mit Blumentöpfen oder Nippes vollzustellen. Denn die Kräuter draußen möchten an heißen Sommertagen täglich gegossen werden. Wer dann ständig den inneren Schweinehund davon überzeugen muss, Krempel von der Fensterbank zu räumen, riskiert, dass die Kräuter draußen vertrocknen.
Vom Balkon direkt auf den Teller
Frisch gepflückter Salat bietet ein ganz anderes Geschmackserlebnis als Salat, der vor mehreren Tagen geerntet, verpackt, transportiert, entpackt und in der Gemüseabteilung ausgelegt wurde. Jetzt im Mai ist die Zeit, um Jungpflanzen im Gartencenter zu kaufen und sie an einem sonnigen Platz in einen größeren Topf oder Blumenkasten zu pflanzen. Vor allem Pflücksalat ist sehr ergiebig, weil immer nur die äußeren, großen Blätter abgepflückt werden. Das Pflücken regt das Wachstum an. Aber Vorsicht: Bei feuchtwarmem Wetter, wie es schon nach den Eisheiligen vorkommen kann, schießt der Salat. Aus der Mitte sprießt ein Stängel, an dem sich später Blüten bilden. Um Fressfeinde abzuwehren, bildet die Pflanze Bitterstoffe. Der Salat ist ungenießbar.
Ob Klein oder Groß: Wachsen geht in allen Gefäßen © ideasRojas/Adobe Stock
Insektenweide auf dem Balkon
Bienenweide-Mischungen aus dem Gartencenter können, müssen aber nicht regional sein. Häufig handelt es sich um Saatgut aus südeuropäischer Überproduktion. Deshalb ist es relativ preiswert. Unseren heimischen Insekten hilft es aber wenig. Denn ihr Gencode ist auf regionale Wildblumen abgestimmt. Die Saatgut-Mischung „Kornrad und Mohni“ des Vereins Mellifera ist hingegen heimisch. Ein Tütchen enthält Samen für einen Quadratmeter, ist also ideal für den Balkon. Auch der Kölner Bauer Courth bietet Wild.Saat.Gut. an.
Zwerge und Stämmchen
Auch Beerenobst lässt sich auf kleinem Raum anbauen. Erdbeerpflanzen sind sowieso klein und können im Blumenkasten hübsch zwischen Blühpflanzen gesetzt werden. Ihre weißen Blüten sind hübsche Farbtupfer. Himbeeren gibt es als kleine, kompakte Sorten, die kein Rankgerüst brauchen und über mehrere Wochen recht ergiebig sind. Sie eigenen sich auch für Balkone, die im Halbschatten liegen. Heidelbeeren gedeihen im Kübel oft besser als im Beet, sofern sie in Erde stehen, die mit etwas Sand angelockert wurde. Sie sollten regelmäßig gegossen werden, aber weder zu nass stehen noch austrocknen. Schwarze und rote Johannisbeeren sind als Hochstämmchen erhältlich. Bei allen Beeren sollten schwache und alte Triebe im kommenden Frühjahr abgeschnitten werden, damit die Pflanzen wieder gut austreiben und tragen.
Neues Leben für die alte Europalette
Der Handel bietet Hobbygärtnern kompostierbare Anzuchttöpfe, Pikierstäbe, Minigewächshäuser, Sprühflaschen, Bewässerungs- und LED-Systeme sowie Kälte- und Winterschutz. Platzsparend für den Balkon ist z.B. das stapelbare Hochbeet von UGreeny, dessen Pflanzboxen aus recycelten Kühlschränken produziert werden. Alle Boxen werden über ein gemeinsames System bewässert. Deutlich rustikaler, dafür preiswerter ist eine alte Europalette, die zu einem Pflanzenregal up-gecycelt wurde. In den Verstrebungen entstehen Blumenkästen, Töpfe lassen sich an das Holz haken. Eine Anleitung bietet das Gartenjournal. Aus vier Europaletten lässt sich ein stabiles Hochbeet bauen.
Kleiner Komposter aus Japan
Wer gärtnert, stellt schnell fest, dass Biomüll anfällt. Was gibt es Besseres, als daraus gleich eigenen Dünger zu produzieren? Eine Idee für kleine Wohnungen und Balkone liefert der aus Japan stammende Bokashi-Eimer. In dem luftdichten Plastikeimer mit Siebeinsatz werden welke Blätter, Salatstrünke, abgeerntete Kräuterbüschel und andere Obst- und Gemüsereste aus der Küche mit Hilfe von effektiven Mikroorganismen fermentiert. In zwei Wochen entsteht ein Flüssigdünger, der ins Gießwasser gegeben wird und die Pflanzen sprießen lässt. Unverdünnt eignet sich die Flüssigkeit sogar, um einen verstopften Abfluss freizupusten – dank Mikroorganismen. Die fermentierten Bioreste können in einem Garten in den Boden eingearbeitet werden oder auf einen Kompost gegeben werden. Auch sie liefern wertvolles Wachstum.