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Familienleben

Feiern in Patchworkfamilien

Daniela Lukaßen · 30.05.2014

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© Pixabay

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Finn wird acht. Eigentlich ist das ein Tag, an dem gefeiert werden soll. Aber in der Familie von Finn sorgt der Geburtstag schon Wochen vorher für Zündstoff. Wo soll gefeiert werden? Wie soll gefeiert werden? Und vor allem: mit wem?

Finn lebt in einer Patchworkfamilie. Er wohnt bei seiner Mutter. Sie ist seit einigen Monaten wieder verheiratet und der neue Mann hat selbst zwei Kinder. Finns Vater lebt alleine. Er möchte mit Finn an dessen Geburtstag in den Zoo gehen. Einen Vater-Sohn-Tag machen, wie er sagt. Die Mutter stellt sich eine Feier im Familienkreis vor – mit ihrem neuen Mann und den Kindern. „Eine traditionelle Familienfeier eben.“ Und Finn? Der möchte mit Mama und Papa zusammen feiern – so wie früher.

Hohe Erwartungen

Wenn in Patchworkfamilien gefeiert wird, ist im Vorfeld oft eine organisatorische Meisterleistung gefragt. Wer feiert wann, wo, wie, mit wem? Da werden Kindergeburtstage, Einschulungen, Kommunionen, Konfirmationen, Ostern und Weihnachten schnell zur Nervenprobe. Denn gerade an Festtage werden besonders große Erwartungen gestellt. Sie sollen perfekt sein. Leuchtende Kinderaugen und ein harmonisches Miteinander werden erwartet. Und dazu gehören auch die gemeinsame Feier und das Vermeiden von Konflikten. Doch was schon in anderen Familien schnell zu Stress und Streit führt, das endet in Patchworkfamilien oft im Chaos. Denn Eltern, die sich das ganze Jahr über nicht verstehen, die werden auch eine Feier nicht ohne Konflikte und eine angespannte Stimmung überstehen. „Gemeinsam sollten getrennte Eltern nur dann feiern, wenn sie ohnehin ein freundschaftliches Verhältnis haben“, sagt Katharina Grünewald. Sie ist Diplom-Psychologin und berät in ihrer Praxis in Köln in erster Linie Patchworkfamilien.
Und dabei ist auch das Feiern ein ganz großes Thema. Denn gerade an besonderen Tagen möchten beide Elternteile den Tag gemeinsam mit dem Kind erleben und ihn so schön wie möglich gestalten. Oft sind Fingerspitzengefühl und eine intensive Vorarbeit gefragt, damit Kindergeburtstag, Einschulung und Co. nicht zum Desaster werden. Aber auch in Patchworkfamilien kann ein besonderer Tag tatsächlich etwas ganz Besonderes werden. Etwas Besonderes, mit dem alle einverstanden sind, mit dem sich alle abfinden können.

Das Kind für die Trennung entschädigen

Davon sind die Eltern von Finn jedoch noch weit entfernt. Finns Wunsch, gemeinsam mit beiden zu feiern, stellt sie auf eine harte Probe. „Insbesondere an Kindergeburtstagen möchten Eltern, dass der Tag für ihr Kind schön wird“, so Grünewald. „Der Wunsch des Kindes wird dabei oft zum Maßstab. Koste es, was es wolle.“ Und damit meint die Psychologin keineswegs die finanziellen Aufwendungen. Sie spricht von den „seelischen Kosten“, die Finns Eltern und die neue Familie für einen solchen Wunsch aufbringen müssten. Denn sicher ist: Wird der Geburtstag so gefeiert, wie Finn es sich wünscht, dann ist Stress vorprogrammiert. „In Patchworkfamilien wird eigentlich Selbstverständliches oft über den Haufen geworfen“, erklärt Grünewald. „Niemand feiert freiwillig mit einem Menschen zusammen, den er nicht ausstehen kann. In einer Patchworkfamilie soll das plötzlich funktionieren.“ Und obwohl diese Idee eigentlich die am wenigsten sinnvollste ist, überlegen auch Finns Eltern, ob es ihnen gelingt, sich für die Feier zusammen zu raufen. Ihrem Sohn zuliebe. Aber ist das immer die beste Lösung? „Gerade in Patchworkfamilien versuchen die Eltern, das Kind für die Zumutungen der Trennung zu entschädigen und es ihm recht zu machen“, sagt die Psychologin. „Das Kind bekommt dadurch unglaublich viel Macht, weil beide Eltern Angst haben, dass es einen weniger liebt, wenn es nicht das bekommt, was es sich wünscht.“ Und das sei weder für die Eltern gut, noch für Finn.

Alle unter einen Hut bringen

Besonders der Stiefvater ist nicht begeistert von der Idee, den Geburtstag zusammen mit dem Exmann seiner Frau zu feiern. Und wenn Finn nur mit Mama und Papa feiert, ist ebenfalls Ärger vorprogrammiert. Denn auch die neuen Geschwister möchten mitfeiern. Darum muss eine andere Lösung für den Geburtstag gefunden werden. Eine, mit der sie alle leben können. Kein leichtes Unterfangen, wenn – wie so oft in Patchworkfamilien – zusätzlich verschiedene Großeltern involviert sind und Einzelheiten zwischen bis zu acht Erwachsenen abgestimmt werden müssen. Eine ganz wichtige Rolle dabei spielt die Kommunikation im Vorfeld. „Beide Elternteile sollten sich rechtzeitig mehrere Optionen überlegen“, sagt Katharina Grünewald. Rechtzeitig, das bedeutet: schon einige Wochen vor dem Fest. Denn nur so haben alle Beteiligten genug Zeit, sich auf die neue Situation einzustellen. „Ganz wichtig ist es auch, dass das Kind nicht immer gefragt wird: `Wie möchtest du feiern?´“, rät Grünewald.

Erwachsene übernehmen die Verantwortung

Die meisten Kinder wünschen sich doch ein Fest mit beiden Eltern. Lässt sich das nicht umsetzen, ist die Enttäuschung natürlich groß. Grünewald ist der Ansicht, dass sich zunächst die Erwachsenen darüber einig werden sollten, wie sie sich das Fest vorstellen. „Damit muss das Kind nicht einverstanden sein“, sagt sie. „Das Kind hat das Recht, wütend zu sein.“ Aber der Nachwuchs braucht auch ausreichend Zeit, sich mit der Alternative anzufreunden zu können. Aber dadurch, dass die Entscheidung bereits von den Erwachsenen getroffen wurde, nehmen diese dem Kind eine ganz große Last ab. Es sitzt nicht zwischen den Stühlen wie sonst so häufig in Familien, die sich getrennt haben. „Ganz häufig werden Kinder in diesen Situationen instrumentalisiert“, so Grünewald. Wenn der Nachwuchs beispielsweise vor der Frage steht, bei wem er lieber feiern möchte. „Das Kind überlegt sich (unbewusst) in einer solchen Situation: `Wer ist der Schwächere? Zu wem muss ich halten?´.“
Auch Finn kennt diese Situation. Meist hat er sich für seinen Vater entschieden. Schließlich lebt der alleine, hat keine neue Familie, so wie die Mutter. In diesem Jahr möchten seine Eltern ihm diese schwere Entscheidung abnehmen. Gut für Finn, dass seine Eltern das schwierige Thema endlich miteinander besprechen und klären. „Das ist ein wichtiges Signal für die Kinder“, so Grünewald. „Es zeigt ihnen, dass man auch über schwierige Dinge reden kann.“

Reden, reden, reden ... und Lösungen finden

Ein weiteres großes Potential für Konflikte bietet das Thema Geschenke. Nicht selten werden sie zum Druckmittel. Finn wünscht sich eine Playstation. Seine Mutter ist dagegen. Sein Vater möchte ihm gerne dieses Geschenk machen, mit dem er sicherlich punkten kann. Damit das Schenken nicht zum Konkurrenzkampf wird, sind auch hier sachliche Gespräche wichtig. Wenn sich die Eltern nicht zutrauen, miteinander zu reden, dann können auch Emails eine Alternative sein. Oft fällt es den ehemaligen Partnern in der Schriftform leichter, sich auszutauschen und Absprachen zu treffen. Aber auch in der neuen Familie muss das Thema auf den Tisch. Denn Finn bekommt nicht nur von seinen Großeltern väterlicher- und mütterlicherseits Geschenke, sondern auch von den Eltern seines Stiefvaters. Die Eltern seines Vaters aber schenken den Stiefenkeln nichts. Dass Finn mehr Geschenke bekommt als sie, ist für sie nicht leicht zu verstehen. Und wenn er seine Playstation bekommt, dann ist es klar, dass Stiefbruder Olli nicht einsieht, warum er selbst die ersehnte Konsole nicht haben darf.

Unterschiedliche Selbstverständlichkeiten

Besonders Feste und Feiertage sind häufig mit Traditionen verbunden, die in jeder Familie anders sind, aber allen Beteiligten viel bedeuten. Und die schnell zu Missverständnissen und Irritationen führen können, wenn der genaue Ablauf der Feier nicht vorher besprochen wurde. So wie in der Familie von Lotte. Als die Eltern noch zusammen lebten, war der Ablauf eines Geburtstages klar geregelt. Bis mittags hat das Geburtstagskind Zeit für sich, es darf Freunde treffen, lange schlafen. Am Nachmittag dann kommt die ganze Familie zu Kaffee und Kuchen und es gibt Geschenke. Lottes Stiefmutter allerdings hat andere Vorstellungen. In ihrer Familie wird das Geburtstagskind morgens mit einem Lied geweckt, alle frühstücken gemeinsam, dann werden die Geschenke ausgepackt. „Unterschiedliche Selbstverständlichkeiten können bei einem Fest schnell aufeinander prallen“, erklärt Grünewald. „Auch hier ist es wichtig, dass bereits im Vorfeld miteinander gesprochen wird.“ Denn nicht nur Lotte ist irritiert, als sie schon morgens mit einem Ständchen geweckt wird. Auch die Stiefmutter weiß nicht, wie sie reagieren soll, als das Mädchen die Geschenke kaum eines Blickes würdigt, sich verabschiedet und sich, wie mit dem Vater vereinbart, mit ihren Freundinnen trifft. Böse gemeint, hat es keine von beiden. Nicht die Stiefmutter, die gekränkt ist, weil Lotte die Geschenke noch nicht ausgepackt hat und zu ihren Freundinnen gegangen ist und auch nicht Lotte, die sich auf das gemeinsame Kaffeetrinken mit der Familie am Nachmittag freut.

Es braucht Zeit, sich kennenzulernen

In Lottes Familie sind die meisten Missverständnisse inzwischen ausgeräumt. Über die „Selbstverständlichkeiten“ der anderen weiß in den Familien inzwischen jeder Bescheid. Und auch bei Finn hat sich einiges verändert. Damit es bei seiner Kommunion im nächsten Jahr weniger hektisch zugeht als rund um seinen Geburtstag, haben sich seine Eltern schon ein halbes Jahr vorher Gedanken gemacht. „An einem Tag feiern wir bei uns mit meinem neuen Mann, den Kindern und meiner Verwandtschaft und am nächsten Tag ist Finn bei seinem Papa und dessen Eltern und Geschwistern,“ erklärt seine Mutter. „Finn wird seine Kommunion also zweimal groß feiern.“ Finns Wunschvorstellung ist das sicher nicht. Aber es ist eine Alternative, mit der sie alle leben können. Und wer weiß, vielleicht ist es ja doch irgendwann möglich, dass Finn so feiert, wie es früher einmal war: gemeinsam mit Mama und Papa.

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