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Familienleben

Eltern machen sich selbstständig

Ursula Katthöfer · 28.10.2020

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© AdobeStock/vegefox.com

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Job und Familie gut unter einen Hut zu bringen, ist für viele Mütter und Väter ein Traum. Einige machen sich beruflich selbstständig, um ihre Zeit freier einteilen zu können. So können sie häufiger für ihre Kinder da sein. Der Kreis schließt sich, wenn Eltern eine Kita oder sogar eine Schule gründen.

Gerade gab es Spinattortellini mit Ricottakäse. Nun flitzen die Kinder aus der grünen Gruppe durch den Toberaum. Charlotte und Louise haben es sich bei Erzieherin Martina auf dem Sitzsack bequem gemacht. Martina liest vor. Sie hat nicht irgendein Bilderbuch ausgesucht, sondern stellt den Kindern Amelia Earhart vor. Amelia wer? Genau, kaum jemand kennt die Flugpionierin, die 1921 ihre Fluglizenz erwarb und 1928 als erste Frau der Welt in einem Non-Stop-Flug den Atlantik überquerte.

Die Kölner Kita MyDagis mit ihren Standorten in Rodenkirchen und Bocklemünd setzt auf eine gendergerechte Pädagogik. Bücher aus der Reihe „Little People, Big Dreams“, in denen die Lebensgeschichten großer Menschen erzählt werden, gehören zum Konzept. Stefanie König, Gründerin und Geschäftsführerin von MyDagis: „Wir möchten Kinder in ihren individuellen Interessen und Fähigkeiten fördern. Deshalb unterstützen wir eine Gesellschaft ohne Geschlechterhierarchien.“

König gründete ihre Kita nach skandinavischem Vorbild. 2010 kam ihr die Idee dazu. Sie hatte Soziologie und Politik studiert und bereits in einer Gleichstellungsstelle gearbeitet. Mit ihrer Familie lebte sie damals in Berlin, ihre beiden Söhne besuchten im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg die Kita einer Eltern-Kind-Initiative. Dort kümmerte König sich um die Finanzen.

Start in der Wachsfabrik

„Am liebsten hätte ich so eine kleine Kuschelkita wie in Berlin aufgezogen“, erzählt König heute, zehn Jahre später. Doch daraus wurde nichts. Berlin bot sich als Standort nicht an, da die Kinderbetreuung dort schon damals recht gut war. Doch dass Köln, wo König ihr Abitur gemacht hatte, schlecht versorgt war, pfiffen sogar die Berliner Spatzen von den Dächern.

Als König ihr ganzheitliches Konzept mit mehreren pädagogischen Ansätzen vorstellte, staunten die Vertreter*innen in den rheinischen Behörden Bauklötze, die einer Bauecke würdig gewesen wären. MyDagis ist bilingual. In jeder Gruppe arbeitet eine Erzieherin, deren Muttersprache Englisch ist und die mit den Kindern auch keine andere Sprache spricht. Schon der Name MyDagis verrät diesen Bildungsansatz. My ist englisch und heißt „mein“, „Dagis“ ist schwedisch und bedeutet Kindergarten. Ganz wie in Schweden sind in der Kita alle beim Du – Eltern, Erzieherinnen und Erzieher, Leitung, Köchin, einfach alle. Männliche Erzieher sind herzlich willkommen, es soll möglichst in jeder Gruppe einen von ihnen geben. So mancher dieser Ansätze war 2010 noch sehr gewöhnungsbedürftig.

Zwei Jahre arbeitete König daran, das Konzept auszuarbeiten, die Behörden davon zu überzeugen, die Genehmigung zu erhalten, ein Gebäude für die Kita zu finden und es kindgerecht umzubauen. Diese Akribie und eine gute Vorbereitung sind typisch für die aktuelle Gründergeneration. Denn trotz der Corona-Krise gründen nur wenige aus der Not heraus. Im Gegenteil, viele denken sich: Jetzt erst recht. Es gibt einen deutlichen Trend, mit der Existenzgründung eigene Ideen und Interessen zu verwirklichen. So Regina Rosenstock, Gesamtbereichsleiterin Unternehmensförderung bei der IHK Bonn/Rhein-Sieg: „Oft handelt es sich um lang geplante und gut durchdachte Unternehmensideen.“ Wer gut plane, werde dafür belohnt: „Die Gründungen sind meist nachhaltig. Sie haben eine gute Chance, sich am Markt zu behaupten.“

So ging es auch Stefanie König. „Am 1. Juli 2012 starteten wir in der Wachsfabrik in Rodenkirchen mit fünf Gruppen. Wegen der großen Nachfrage sind es jetzt sieben Gruppen.“ 2018 öffnete MyDagis eine Kita im Kappelshof in Bocklemünd – ein alter Gutshof. Er wird gerade erweitert.


© MyDagis

Alter Kombi statt weißem Porsche

Ein Nachmittag in der Wachsfabrik: Mit Matschhosen und Gummistiefeln ausgerüstet, patschen Kinder durch den Bachlauf. Andere verstecken sich hinter den großen Natursteinen, sausen den Hügel hinauf oder ziehen sich in eines der Holzhäuser zurück. Weder Kinder noch Eltern ahnen, dass Unternehmensgründerin König hier im Herbst das Laub fegt und im Frühling die Sträucher schneidet. „Bevor ich eine Landschaftsgärtnerin beauftrage, stecke ich das Geld lieber in die Fortbildung oder die Einrichtung der Gruppenräume.“

In der Anfangszeit arbeitete sie etwa 80 Stunden pro Woche. „Inzwischen habe ich Vieles abgegeben. Doch früher habe ich gemeinsam mit meiner Mutter geputzt, das Essen frisch gekocht und jede einzelne Rechnung geschrieben.“ Reich ist König, die 60 Menschen Arbeit gibt und über 200 Kölner Kindern einen Betreuungsplatz bietet, dabei nicht geworden. Sie fährt immer noch ihren alten Kombi. „Ich dachte, du fährst einen weißen Porsche“, meinte kürzlich eines der älteren Mädchen. Irrtum.

Es geht der Gründerin gar nicht darum, viel Geld zu verdienen. Statussymbole stehen ihr nicht. „Ich möchte ein total selbstbestimmtes Leben führen“, sagt König. Inzwischen denkt sie über eine weitere Kita nach – vielleicht in einer anderen Stadt.

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