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Familienleben

Eingewöhnung in die Kita

Anja Janßen · 20.05.2021

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Ob Kita oder Tagespflege: Das Kind soll sich wohlfühlen. © Kristin Gründer/Adobe Stock

Ob Kita oder Tagespflege: Das Kind soll sich wohlfühlen. © Kristin Gründer/Adobe Stock

Jedes Jahr erleben zahlreiche Kinder den Übergang in die Kita oder Tagespflege. Doch wie gelingt eine gute Eingewöhnung? Anja Janßen hat für KÄNGURU nachgefragt.

Als ich im vergangenen Jahr erfuhr, dass wir einen Kita-Platz für meine zweijährige Tochter bekommen haben, war ich erleichtert. Wie überall sind auch bei uns im Bergischen Land Betreuungsplätze Mangelware. Ich freute mich, dass meine Tochter bald täglich mit vielen Kindern spielen und neue Erfahrungen sammeln wird. Gleichzeitig stellte ich mir die Frage, ob sie sich schnell einlebt in der neuen Umgebung und wie groß der Trennungsschmerz wird. Heute kenne ich die Antworten auf diese Fragen, denn der Übergang in die Kita hat vor einigen Monaten stattgefunden.

Eingewöhnung bedeutet Vertrauen aufbauen

Was genau passiert bei einer Eingewöhnung? Ich spreche mit zwei Expertinnen auf diesem Gebiet: Eva Wichtl, Sozialarbeiterin und Kita-Fachberaterin bei der Stadt Köln, und Silke Almendinger-Rühl, Erzieherin und Leiterin der Kita Karl-Marx-Allee in Köln-Seeberg. „Das Ziel einer Eingewöhnung ist, dass sich das Kind gut und sicher an die Erzieher:innen anbindet“, erklärt Wichtl und ergänzt: „Dass es sich wohlfühlt, sich entwickeln und lernen kann, glücklich ist.“ In der Praxis bedeutet das auch, dass ein Kind sich von der neuen Bezugsperson trösten und wickeln lässt – die wohl größten Vertrauensbeweise. Egal ob Kita oder Tagespflege: Der neue Lebensbereich soll ein Wohlfühlort sein, ein Ort, an dem sich das Kind sicher fühlt und mit dem es etwas Schönes assoziiert. Dieses Bild können Eltern im Vorfeld vermitteln, um den Start zu erleichtern.

Ich kaufte passend zum Thema ein Bilderbuch, das wir immer wieder gemeinsam lasen. Wir zelebrierten alles, was mit der Kita zu tun hatte: die neue Matschhose und die Kita-Hausschuhe. Mit ihrem kleinen Rucksack und der leeren Brotdose darin lief meine Tochter Probe durchs Wohnzimmer und verabschiedete sich an der Zimmertür ausgiebig von mir, „um in die Kita zu gehen“. Zugegeben, dieses Szenario bereitete mir einen Kloß im Hals. Auch ich musste mich vorbereiten auf den neuen Lebensabschnitt.

Ganz wichtig: die innere Haltung der Eltern

„Eltern muss klar sein, dass Kinder neue Beziehungen aufbauen und die pädagogischen Fachkräfte keine Konkurrenz sind“, betont Silke Almendinger-Rühl. Die innere Haltung der Eltern sei ausschlaggebend, weiß die Kita-Leiterin. Mütter und Väter sollten zuvor für sich klären: Will ich tatsächlich, dass mein Kind in die Kita oder Tagespflege geht? Wenn Eltern das mit einem klaren Ja beantworten können, ist schon viel gewonnen. „Vertrauen uns die Eltern nicht, gelingt keine Eingewöhnung“, erklärt Almendinger-Rühl. „Kinder spüren, wenn Eltern unsicher sind.“ Deshalb sollten Mütter und Väter sich den Betreuungsort ihrer Wahl zuvor gut ansehen und auf ihre Wünsche und Bedürfnisse hin abgleichen.

Kinder in der Natur © Kristin Gründer/AdobeStock

Vertrauen ist die Basis einer guten Eingewöhnung. © Kristin Gründer/Adobe Stock

Besichtigungstermine im Vorfeld sind somit das A und O. Wer das Glück hat, nicht gerade in der Corona-Zeit auf die Suche zu gehen, kann vielleicht sogar an Schnupperterminen in den Kita- oder Tagespflegegruppen teilnehmen. Gespräche mit Erzieher:innen und Tagespflegepersonen fördern sicher ein erstes Vertrauen der Eltern. Doch mal ehrlich: Wenn ich nicht bereits ein Geschwisterkind oder andere persönliche Beziehungen in die Einrichtung habe, kenne ich die Menschen nicht, denen ich mein höchstes Gut anvertrauen werde. „Deshalb ist eine Eingewöhnungsphase, in der die Eltern dabei sind, so wichtig“, sagt Almendinger-Rühl. Auch Mütter und Väter müssen sich „eingewöhnen“, die Erzieher:innen im Kita- Alltag erleben und Vertrauen erst aufbauen. Sorgen und Ängste sind ganz normal. Kita-Leiterin Almendinger-Rühl ermutigt Eltern immer wieder, Fragen zu stellen und Dinge anzusprechen, die ihnen auf der Seele lasten.

Kindzentrierte Eingewöhnung

Hilfreich ist auch, wenn Mütter und Väter im Vorfeld erfahren, wie eine Eingewöhnung ablaufen wird. In der Theorie gibt es verschiedene wissenschaftlich fundierte Modelle der Eingewöhnung. Sollten Eltern darauf achten, dass ihre Kita oder Tagespflegestelle nach einem besonderen Schema arbeitet? Eva Wichtl: „Modelle bieten Orientierung für Erzieher:innen. Aber viele Modelle sind starr und das ist nicht sinnvoll für die Praxis, weil Familien unterschiedlich sind.“ Ermöglicht die Arbeitssituation der Eltern es, dass sie viel Zeit für die Eingewöhnung haben? Oder ist da wenig Spielraum? Was möchte das Kind? Manche Kinder sind begierig darauf, schnell an attraktiven Aktionen wie dem Mittagessen teilzunehmen. Kann die Aufenthaltszeit in der Kita oder Tagespflegestelle also schon nach kurzer Zeit auf die Mittagszeit ausgedehnt werden? Oder sollte das Kind lieber etwas später gebracht werden, damit es zusammen mit den anderen essen kann?

Die Expertinnen nennen ein solch flexibles Vorgehen „kindzentrierte Eingewöhnung“. „Das Kind bestimmt das Tempo“, so Eva Wichtl. „Es hält die Hand der Eltern fest und lässt sie auch selbst los.“ Aus diesem Grund sind auch Angaben zur durchschnittlichen Dauer einer Eingewöhnung schwierig. „Zwei bis sechs Wochen sind in den meisten Fällen die Regel. Wir orientieren uns hierbei am Qualitätshandbuch für Kitas der Stadt Köln“, sagt Almendinger-Rühl und verweist dabei auf individuelle Unterschiede.

Eltern: der sichere Hafen

An unserem großen Tag im Herbst vergangenen Jahres war ich aufgeregt. Meine Tochter freute sich auf die Kita und trippelte an meiner Hand auf den Eingangsbereich zu. Aufgrund der Pandemie-Bestimmungen durfte ich die Einrichtung nur mit Maske betreten und musste mir die Hände waschen sowie desinfizieren. Die vielen Kinder, darunter auch schon recht große Vorschulkinder, beeindruckten mein Kind – und mich. Der Druck ihrer kleinen Hand um die meine wurde stärker. Für den ersten Tag blieben wir eine knappe Stunde zum Schnuppern. Die freundliche Gruppenleiterin strahlte Erfahrung aus und nach einem kurzen gemeinsamen Rundgang fragte sie, was meine Tochter gerne spiele. Punktlandung: Pferde standen gerade hoch im Kurs und im Nebenraum der Kita gab es eine ganze Holzkiste voll davon. Hier war es auch ruhiger. Zwei Vorschulmädchen kamen schüchtern näher und wollten sich sofort um den kleinen Neuzugang kümmern. Das rührte mich und ich stellte fest, dass nicht nur die Erzieher:innen, sondern auch die anderen Kinder eine Rolle bei der Eingewöhnung spielen würden. Magnetisch angezogen von den Pferdchen sicherte sich meine Tochter einen hellen Braunen und spielte glücklich damit – immer im Körperkontakt mit mir.

Sich einbringen oder zurückhalten: wieviel ist gut?

„Eltern sind der sichere Hafen der Kinder und ein wichtiger Baustein bei der Eingewöhnung“, so Almendinger-Rühl. In den ersten Tagen sind sie es, die zusammen mit ihrem Kind die Räumlichkeiten und Spielsachen erkunden. Dann wird beobachtet, ob sich auch ein:e Erzieher:in nähern darf. Mit welchen Spielsachen kann sie oder er Kontakt aufnehmen? Beginnt das Kind damit, sich auf eine neue Person einzulassen, können Eltern in die Rolle der beobachtenden Person verfallen. Wenn ihr Sprössling schon ein wenig aktiv auf sein:e Bezugserzieher:in zugeht, können Eltern einen ersten Trennungsversuch starten. Dafür verlassen sie zunächst nur den Raum. Wird das toleriert, halten sie sich im Flur auf. Erst wenn sich dieses Szenario gut eingespielt hat, sollte das Haus verlassen werden. „Niemals ohne Abschied wegschleichen“, betont Almendinger-Rühl und ergänzt: „Für das Kind muss klar sein, dass wir die Eltern jederzeit anrufen können.“ Die Botschaft muss lauten: Wir werden zwar gleich nicht mehr sichtbar sein, aber sind zur Stelle, sollte etwas sein.

Besonders herausfordernd: sehr junge Kinder

Babys spielen © santypan/Adobe Stock

Signale wahrnehmen: besonders wichtig bei den Kleinsten. © santypan/Adobe Stock

Bei den Kleinen, die noch nicht sprechen können, stehen Eltern vor der besonderen Herausforderung, dass sie ihrem Kind die Trennungssituation weniger über Sprache und Kognition im Vorfeld transparent machen können. „Vor allem bei Kindern, die sprachlich nicht in der Lage sind, sich zu äußern, sind ein enger Austausch zwischen den Erzieher:innen und den Eltern und das Wahrnehmen der Signale der Kinder besonders wichtig“, erklärt Almendinger-Rühl, die in ihrer Kita auch eine Gruppe für Ein- bis Dreijährige verantwortet. „Immer wiederkehrende Rituale schaffen gerade bei den sehr jungen Kindern ein eigenes Zeitgefühl. Sie strukturieren den Tagesablauf und geben Sicherheit.“

Umgang mit Trennungsschmerz

Unsere Eingewöhnungsphase wurde durch den zweiten Lockdown unterbrochen. Danach knüpften wir an dem an, was wir zuvor erreicht hatten: Ich blieb morgens eine Viertelstunde in der Gruppe und hielt mich anschließend im Flur auf, während meine Tochter spielte. Als ich dann die ersten Male die Kita verließ, weinte sie zu meiner Erleichterung nicht. Erstaunlicherweise aber beim Abholen, weil sie weiter mit dem Rutschauto fahren oder mit den anderen Mittagessen wollte. Dann folgte ein Einbruch: Drei Tage gab es morgens beim Abschied Tränen. Ich erfuhr, dass Kandidat:innen, die sich anfangs gut geschlagen haben, durchaus trauern, wenn die erste Euphorie über die Kita abgeklungen ist. „Weinen bedeutet, dass das Kind gut angebunden ist“, erklärt Kita-Fachberaterin Eva Wichtl. „Es heißt: Ich habe dich lieb.“ Diese Phase kann sich auch über einen längeren Zeitraum hinziehen. Entscheidend sei, ob das Kind sich von seiner Bezugsperson trösten lasse und danach glücklich spiele.

Was half mir in dieser Phase? Das Angebot unserer Erzieherin, im Laufe des Vormittags in der Gruppe anzurufen, um mich davon zu überzeugen, dass meine Tochter sich schnell beruhigt hat. Diese Möglichkeit nutzte ich ein-, zweimal, dann verstand ich: Mein Kind hat trotz Trennungsschmerz Spaß in der Kita. Schon nach kurzer Zeit orientierte sie sich kaum noch an ihrer Bezugserzieherin und dafür mehr an den anderen Kindern.

Die besten Helfer: Geduld und Annahme

„Ein Kind gilt als eingewöhnt, wenn es aktiv am Gruppengeschehen teilnimmt“, erklärt Kita-Leiterin Silke Almendinger-Rühl. „Wenn es offen für Neues ist und Eigeninitiative im Spiel zeigt.“ Bei Kindern, denen die Eingewöhnung sehr schwerfällt, sollte nochmals ein Schritt zurückgegangen werden: Passt es vielleicht besser, wenn ein:e andere Erzieher:in die Eingewöhnung übernimmt? Lässt sich der morgendliche Ablauf zu Hause anders, vielleicht stressfreier, gestalten? Ist eine kurze Unterbrechung der Eingewöhnung zuträglich? Ist der Trennungsschmerz geringer, wenn Papa das Abgeben übernimmt? Hier sollten pädagogische Fachkräfte und Eltern gemeinsam überlegen, was sie verändern können. So wird mit Geduld und einer annehmenden Haltung seitens der Erwachsenen der neue Betreuungsort für das Kind zu dem Wohlfühlort, den es gerne besucht.

Kind schneuzt in Taschentuch © Halfpoint/AdobeStockDauerkrank in der Eingewöhnung?

Die Eingewöhnung hat gerade erst begonnen und schon ist das Kind krank. Husten, Schnupfen, Fieber, Magen-Darm-Infekte – „Zehn bis elf Infekte pro Jahr sind im ersten Kita-Jahr normal“, erklärt Satiye Basaran, Ärztin für Kinder- und Jugendmedizin beim Gesundheitsamt der Stadt Köln. Begegnet das Kind vielen neuen Kindern, setzt sich das Immunsystem automatisch auch mit neuen Keimen auseinander – eine positive Eigenschaft, die das Kind resistenter und stärker werden lässt. Wie können Eltern ihren Sprössling dabei unterstützen? „Kinder, die viel an der frischen Luft sind und eine ausgewogene Ernährung haben, sind robuster“, betont Basaran. Wer also schon vor Eintritt in die Kita häufig im Sandkasten gespielt hat, viel draußen und unter Kindern war, konnte sein Immunsystem bereits mehr stärken.

Hygienemaßnahmen in der Corona-Zeit

Untersuchungen haben bestätigt, dass häufiges Händewaschen die erfolgreichste Hygienemaßnahme in Kitas während der Corona-Pandemie ist. Daran schließt sich die Frage an, ob Kinder durch die verstärkte Hygiene empfindlicher werden. Satiye Basaran verweist in diesem Zusammenhang auf die sogenannte „Hygienetheorie“. „Man hat beobachtet, dass sehr hygienisch aufwachsende Kinder aus der Stadt mehr Allergien haben als Kinder, die auf dem Bauernhof aufwachsen“, so die Ärztin und fährt fort: „Ein Zusammenhang ist aber nicht bestätigt. Ich glaube nicht, dass durch ein Jahr Hygienekonzepte in der Kita Kinder tiefgreifende Auswirkungen auf den Organismus erleben.“