Familienleben
Frauen und Altersvorsorge: Strategien und Tipps gegen die Rentenlücke
Janina Mogendorf · 21.05.2025
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Gut abgesichert im Alter © M Stocker/Adobe Stock
Weniger Einkommen, weniger Rente: So entsteht die Gender Pension Gap
Frauen bekommen in Deutschland rund 30 Prozent weniger Alterseinkommen als Männer. Ohne Witwenrente beträgt die Gender Pension Gap sogar laut Statistischem Bundesamt über 40 Prozent. Gründe gibt es viele. Frauen arbeiten häufiger in Teilzeit, unterbrechen ihre Erwerbstätigkeit für Kinder oder pflegebedürftige Eltern, arbeiten in schlechter bezahlten Berufen. Und selbst Gutverdienerinnen erhalten noch immer weniger Lohn als Männer in vergleichbaren Positionen.
Das alles summiert sich über Jahrzehnte. Der Einschnitt kommt meist mit dem ersten Kind. So wie bei Stefanie. Die zweifache Mutter arbeitet seit acht Jahren in Teilzeit. Früher hatte die 39-Jährige ein solides Einkommen, eine Betriebsrente und einige Ersparnisse. Seit der ersten Elternzeit wächst ihre gesetzliche Rente langsamer, die Betriebsrente ist nicht mehr so attraktiv wie früher und monatlich bleibt kaum etwas übrig, um privat vorzusorgen. Diese Situation ist nicht fair, aber sie ist, wie sie ist.
Augen verschließen und einfach weitermachen ist keine Lösung. Stattdessen lautet der klare Rat von Katharina Henrich, Finanzexpertin bei der Stiftung Warentest: Hinschauen und Herausforderungen angehen. Denn es gibt Stellschrauben, an denen Frauen drehen können. Je früher, desto besser, aber auch in höherem Alter noch sinnvoll. Denn jeder Monat zählt.
Ein Blick auf die eigene Rente – So gelingt der Einstieg
Eine Bestandsaufnahme ist ein guter Anfang. Dazu lohnt sich zunächst eine „Kontenklärung“ bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV). Gemeinsam mit Fachleuten überprüft ihr, ob alle rentenrechtlichen Zeiten korrekt gespeichert sind. „Dazu gehören Phasen, in denen Sie sozialversicherungspflichtig gearbeitet haben. Aber genauso auch Zeiten, in denen Sie Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt haben“, so Katharina Henrich.
Wer es genau wissen will, kann auch ein Intensivgespräch zur Altersvorsorgeberatung bei seinem DRV-Service-Zentrum vor Ort buchen. Dabei kommen alle relevanten Einkünfte auf den Prüfstand. Neben der gesetzlichen Rente sind das zum Beispiel die betriebliche Altersvorsorge, Riester- oder Rürup-Rente, private Rentenversicherungen, Sparverträge mit Rentenziel, Mieteinnahmen und Erbschaften. Dann wird berechnet, wie hoch eure Rente nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben ausfallen wird.
Teilzeit, Gehalt & Karriere: Was ihr im Job beachten solltet
Über die Rente reden, heißt auch, über Arbeitszeiten sprechen. Während 2023 rund 67 Prozent der Mütter mit Kindern unter 18 Jahren Teilzeit arbeiteten, waren es nur 9 Prozent der Väter. Die reduzierten Stunden schmälern den Lohn. Natürlich legen Arbeitnehmerinnen für den Rest der Woche nicht die Hände in den Schoß. Doch Familienmanagement und Fürsorgearbeit werden nun mal nicht bezahlt.
Um Familie und Beruf besser unter einen Hut zu kriegen, sollten Eltern weitere Möglichkeiten als eine starke Stundenreduzierung in Betracht ziehen, rät Katharina Henrich: „Bevor Sie Teilzeit vereinbaren, loten Sie aus, ob Ihr Arbeitgeber Sie nicht anders unterstützen kann. Flexible Arbeitszeiten, mobiles Arbeiten oder Homeoffice werden vor allem bei Bürojobs immer selbstverständlicher.“ Statt eines Halbtagsjobs kann auch eine 70- oder 80-Prozent-Stelle eine Lösung sein, mit der Option, später wieder auf Vollzeit aufzustocken.
Nicht nur die Stundenzahl, auch der Stundenlohn spielt eine Schlüsselrolle. „Verkaufen Sie sich nicht unter Wert. Fragen Sie regelmäßig nach Gehaltserhöhungen. Klappt es nicht, nehmen Sie es sportlich und fragen Sie im nächsten Jahr wieder“, rät Katharina Henrich. Geht es langfristig nicht weiter, kann sich der Wechsel zu einem anderen Arbeitgeber oder in eine besser bezahlte Branche lohnen.
Private Altersvorsorge: Wie ihr richtig fürs Alter spart
Riester, Rürup, ETFs – Finanzthemen wirken oft kompliziert, doch es ist keine Schande, sich nicht auszukennen. Katharina Henrich empfiehlt: „Nicht einschüchtern lassen, nicht drängen lassen, sondern nachfragen, bis man es verstanden hat.“ Gemeinsam mit den richtigen Ansprechpartner:innen gilt es, die richtige Anlageform für die eigene Lebenssituation zu finden. Wer flexibel bleiben muss, braucht eine andere Lösung als jemand, der langfristig anlegen will. Ein Fallstrick beim Sparen sind hohe Gebühren – zum Beispiel bei vielen privaten Rentenversicherungen. 10 Prozent klingen erstmal wenig, schmälern die Rendite aber erheblich. Wieviel ein Prozentpunkt beim Alterssparen ausmachen kann, zeigt dieses Rechenbeispiel der Stiftung Warentest: Wer 40 Jahre lang monatlich 100 Euro anlegt, kommt bei einer Rendite von 2 Prozent auf rund 73.265 Euro – bei 3 Prozent wären es 91.945 Euro. Eine Differenz von 18.680 Euro!
Überlegt, welche Summe ihr bis zur Rente erreichen möchtet. Investmentrechner im Internet helfen, verschiedene Szenarien durchzuspielen. Sparpläne lohnen auch bei kleinem Budget ab 25 Euro monatlich. Entscheidend ist, dranzubleiben und realistische Sparziele zu setzen. Wer gerne auf Nummer sicher geht, kann ein Pantoffel-Portfolio wählen. Dabei verteilt sich die Sparrate auf einen Aktien-ETF und ein sicheres Tagesgeldkonto. Eine unabhängige Beratung bei der Verbraucherzentrale oder der Stiftung Warentest kann euch einen guten Überblick und Sicherheit verschaffen. Mittlerweile gibt es auch gezielte Finanzberatung von Frauen für Frauen. Die gute Nachricht lautet: Wenn Frauen investieren, dann oft erfolgreicher als Männer.
Trennung und Rente: So könnt ihr euch absichern
Eine Trennung kann bei klassischer Rollenverteilung drastische Folgen für die Altersabsicherung von Frauen haben. Im Falle einer Scheidung werden über den Versorgungsausgleich Rentenansprüche aus der Ehezeit gerecht aufgeteilt. „Nur selten aber werden die geteilten Rentenansprüche hoch genug sein, um sich danach entspannt zurücklehnen zu können“, so Katharina Henrich. Leben Paare ohne Trauschein, gibt es keinen automatischen Anspruch.
In kostenfreien Intensivgesprächen berät die DRV auch Paare. Sich um die eigene Rente zu kümmern, bedeutet nicht, dass man von einer Trennung ausgeht – sondern dass man sich für alle Lebenslagen absichert. Dafür kann man im Verlauf einer Ehe oder einer Lebenspartnerschaft vertraglich einiges regeln. Zum Beispiel, dass der Mehrverdienende nach einer möglichen Scheidung weiter die private Rentenversicherung des anderen bezahlt.
Aktiv gegen Altersarmut: Schritt für Schritt zur besseren Vorsorge
Um der Rentenlücke entgegenzuwirken, müssen Frauen aktiv werden. Es geht nicht darum, sofort alles perfekt zu machen, sondern anzufangen und Schritt für Schritt die eigene Altersvorsorge zu verbessern. Lasst euch beraten, prüft eure Rentenansprüche, startet eine private Vorsorge. Setzt euch für partnerschaftliche Care-Arbeit und flexible Arbeitszeitmodelle ein und kämpft für ein gerechtes Gehalt. Die wichtigste Botschaft lautet: Jeder kleine Schritt von heute macht morgen einen großen Unterschied.
Interview mit der Finanzbloggerin „Madame Moneypenny“ alias Natascha Wegelin
75 Prozent der weiblichen Bevölkerung zwischen 35 und 50 Jahren droht später die Altersarmut. Finanzbloggerin „Madame Moneypenny“ alias Natascha Wegelin ist zugleich Unternehmerin sowie Bestsellerautorin und begleitet Frauen unter anderen in Webinaren und Mentoringprogrammen auf ihrem Weg in die finanzielle Unabhängigkeit. (Interview von 2019)
Natascha Wegelin © Jacqueline Häußler
Känguru: Frau Wegelin, wieso müssen sich vor allem Frauen um ihre finanzielle Situation im Alter Sorgen machen?
Wegelin: Viele Frauen arbeiten in Teilzeit, außerdem verdienen sie im Vergleich zu Männern immer noch weniger. Beides führt dazu, dass sie weniger Geld in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen und vielleicht gar nicht die Möglichkeit haben, privat vorzusorgen und ein Vermögen aufzubauen.
Sie haben die Erfahrung gemacht, dass Frauen oft eine andere Einstellung zu Geld haben als Männer …
Jede von uns hat Glaubenssätze über Geld im Kopf. Wenn ich denke, dass Finanzen Männersache sind, weil es bei meinen Eltern zum Beispiel so war, kümmere ich mich weniger darum. Wenn ich denke, dass ich als Frau zu doof dafür bin, fasse ich das Thema gar nicht erst an.
Und wenn ich das nun ändern will?
Dann fangen Sie an, es ist nie zu spät. Suchen Sie das Gespräch mit Ihrem Partner. Erklären Sie, warum Sie sich plötzlich mit dem Thema befassen und warum Sie ein eigenes Vermögen aufbauen wollen.
Sie haben eine Anleitung für Frauen entwickelt, mit der sie zur finanziellen Unabhängigkeit gelangen können.
Ja, eine Pyramide mit sieben Stufen. Am Anfang steht die Bestandsaufnahme der eigenen Finanzsituation und am Ende der Kauf eines ETF.
Was ist unter einem ETF zu verstehen?
Das ist ein Fond, der einen Börsenindex abbildet. Man kann in 2.000 Unternehmen gleichzeitig investieren und das ab 25 Euro im Monat. Ich selbst investiere auch in ETFs, weil sie aktuell das einfachste und günstigste Produkt für Privatanleger sind und gute Renditen erzielen.
Und wie legt man am besten los?
Zu Beginn sollte man sich einen Überblick über die eigene Finanzlage verschaffen. Habe ich ein eigenes Konto, gibt es Bausparverträge oder ein Depot von Oma, habe ich Schulden? Ich empfehle dazu ein Haushaltsbuch über Einnahmen und Ausgaben zu führen. In einem zweiten Schritt definiere ich mein konkretes Ziel. Den meisten Frauen geht es darum, ihre Rentenlücke zu schließen. Wie groß diese ist, lässt sich mit einem geeigneten Online-Rechner ausrechnen.
Im dritten Schritt geht es um die Strategie.
Ja, dabei lernt man, wie Börse und Aktienhandel funktionieren und wie man sich langfristig ein Vermögen aufbauen kann. Bei Stufe vier wird dann ein persönliches Risikoprofil erstellt, das auch Faktoren wie Alter oder Familienstand berücksichtigt. Dieses Profil ist essentiell, denn die meisten Fehler passieren, weil man zu viel Risiko eingeht.
Sind Frauen nicht eher risikobewusst?
Auch Frauen tendieren dazu, ein zu großes Risiko einzugehen. Wer eine Rentenlücke von 1.500 Euro schließen will, braucht eine hohe Rendite und die ist nur mit risikoreichen Anlagen zu schaffen. Ich empfehle daher, wirklich anhand der persönlichen Risikobereitschaft anzulegen, womit wir bei Stufe fünf sind, dem Portfolio. Hier überlegen wir, welche Anlagen zu uns passen. Bei Schritt sechs sucht man sich konkrete Produkte und als siebter und letzter Schritt folgt der Kauf!
Ein langer Prozess …
Die meisten Privatanleger überspringen die ersten fünf Stufen und fangen bei sechs und sieben an. Sie haben mal was von ETFs gehört, googeln und investieren. Das ist der schnellste Weg in eine unangenehme Verlustsituation. Besser ist es, am Anfang Zeit und Arbeit zu investieren und dann Einnahmen durch die Renditen eines ETF zu generieren.
Was ist denn, wenn ich mit 60 in Rente gehen will und die Börse gerade im Keller ist?
Wenn ich in Rente gehe, brauche ich ja nicht alles auf einmal, sondern entnehme monatlich einen gewissen Betrag. Es ist in der Geschichte nie vorgekommen, dass das ganze Geld weg war, wenn man ein paar Regeln beachtet und breit investiert hat. Aber klar, es gibt keine Garantien. Wer absolute Sicherheit braucht, legt das Geld aufs Tageskonto, aber dann gibt es eben auch keine Rendite.
Sie haben schon vielen Frauen Mut gemacht, sich finanziell auf eigene Beine zu stellen und ihre Zukunft zu sichern. Selbst dann, wenn sie nur wenig Geld in der Tasche haben.
Ja, in dieser Situation sind zum Beispiel viele Alleinerziehende – die am meisten benachteiligte Gruppe in Deutschland. Sie zahlen proportional die meisten Steuern und das wird sich in absehbarer Zeit nicht ändern. Es ist ein unfaires System und genau deshalb muss man gucken, wie man sich absichern kann: klein anfangen, Euro-Stücke sammeln, nach größeren Verdienstmöglichkeiten suchen. All das ist besser, als gar nichts zu tun. Und dann wird man vielleicht feststellen, dass es sogar leichter ist als gedacht.
Vielen Dank für das Gespräch.
Wichtige Links:
Investmentrechner der Stiftung Warentest
test.de/Investmentfonds-Investmentplanung-1179913-0/
Einführungsvideo Pantoffel-Portfolio der Stiftung Warentest
test.de/faq-etf-sparplan
Kundenportal der Deutschen Rentenversicherung
deutsche-rentenversicherung.de/DRV/DE/Kundenportal/kundenportal-node.html