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Bildung

Schule nach Corona

Petra Hoffmann · 15.10.2020

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© AdobeStock/Drazen

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Medienpädagogin Julia Egbers und Wissenschaftsjournalist Armin Himmelrath gehen den drängenden Fragen nach, was wir aus der Corona-Krise gelernt haben und wie es nun weiter gehen soll mit der „neuen Normalität“ in unseren Schulen.

Wir haben ihnen dazu ein paar Fragen gestellt.

KÄNGURU: Alle sehnen sich nach Normalität, Vorhersehbarkeit, Verlässlichkeit – aber wird der Schulalltag unserer Kinder irgendwann wieder so aussehen wie vor Corona?

Armin Himmelrath und Julia Egbers: Davon können wir, nach heutigem Kenntnisstand, nicht ausgehen. Jeder Präsenzunterricht wird auf lange Zeit permanent davon bedroht sein, wegen der akuten Pandemieentwicklung von einem Moment auf den anderen eingestellt zu werden. Schule und Unterricht sind zudem anders organisiert: Wenn sich Grundschülerinnen und -schüler morgens in langer Reihe mit 1,50 m Abstand und Mundnasenschutz aufstellen, zeigt das diese dramatischen strukturellen Veränderungen. Und schließlich: Schüler*innen und Lehrer*innen müssen mit diesem neuen Alltag und all seinen dauernden Unsicherheiten umgehen lernen. Alles das führt dazu, dass die alte Normalität, wie wir sie vor dem 16. März 2020 hatten, wohl für immer verloren ist und wir eine neue Normalität erst noch entwickeln müssen. Das aber bietet auch Chancen - und auf die wollen wir mit unserem Buch hinweisen.

Was war in ihren Augen das größte Bildungs-Problem der letzten Monate?

Aus unserer Sicht hat die Corona-Krise zwei große, drängende Probleme wie unter der Lupe sichtbar gemacht: die tägliche Bildungsungerechtigkeit mit der Gefahr, dass einzelne Kinder abgehängt werden und verloren gehen. Und die unzureichende Kompetenz im Umgang mit digitalen Lehr- und Lernformaten. Einzelne Schulen und Lehrkräfte haben auf beide Herausforderungen bemerkenswerte Antworten gefunden, aber die Unterschiede zwischen den Schulen sind in dieser Hinsicht noch viel zu groß.

Ihr Buch „Das Schuljahr nach Corona“ trägt den Untertitel: Was sich nun ändern muss. Welche Veränderung hätte für Sie beide die größte Wichtigkeit und Wirksamkeit? Womit würden Sie anfangen?

Eine der wichtigsten Veränderungen wäre aus unserer Sicht das lustvolle Sich-Einlassen auf neue, hybride Lernwege: mal digital gestützt und mal im Präsenzunterricht, mit viel Kooperation und Freiraum, vor allem aber mit der Perspektive auf der Förderung der individuellen Lernprozesse. Denn: Jedes Kind lernt anders, und die digitalen Hilfsmittel erlauben es, deutlich mehr Zugangswege zum Lernen bereitzustellen. Dafür allerdings müssen Lehrerinnen und Lehrer ausgebildet sein und selbst wieder zu Lernenden werden. Und genau dazu würden wir gerne ermuntern – in dem Sinne, dass eingefahrene Lehr-Rituale des Schulalltags hinterfragt und durchbrochen werden und sie durch neue Lernzugänge ersetzt werden. Wir verbinden damit die Hoffnung, dass auf diese Weise auch das Thema Bildungsgerechtigkeit im Alltag der (Grund-)Schulen eine größere Rolle spielt.

Die Beiträge im Buch stammen von 15 Fachleuten aus dem Bildungsbereich. Welcher Vorschlag / Gedankengang in diesen Aufsätzen hat sie am meisten überrascht?

Da wir die Autorinnen und Autoren schon vorher kannten, gab es nicht den einen, völlig überraschenden Vorschlag. Was uns allerdings sehr beeindruckt hat: Wie viele verschiedene Perspektiven und Blickwinkel die beteiligten Fachleute zusammengetragen haben – und wie im Zusammenwirken dieser Ideen ein Bild von Schule entsteht, das unglaublich viele Chance und Potenziale zeigt. Beim Lesen dieser tollen Beiträge haben wir die Kraft gespürt, die in diesen vielen Ideen und Vorschlägen steckt. Und die jeder und jede in kleinen Schritten sofort übernehmen und umsetzen kann, ohne vorher auf eine Anweisung des Schulministeriums zu warten.

Corona hat die Schulen dazu gezwungen, sich schnell auf immer neue Situationen einzustellen. Das System Schule ist aber eigentlich nicht besonders flexibel und schnell schon mal gar nicht. Haben Sie ein Beispiel, wo Anpassung / Veränderung besonders gut gelungen ist?

Besonders beeindruckt haben uns Akteur*innen, die sich in der Krise mit großer Lust auf Neues und mit großem Engagement gesagt haben: Lasst uns einfach mal loslegen. Das waren Schulleitungen, die nicht erst auf eine Order aus Düsseldorf gewartet haben, sondern zum Beispiel Micro-Fortbildungen in digitalem Unterrichten für das gesamte Kollegium organisiert haben. Oder Lehrkräfte, die mit viel Ideenreichtum dafür sorgten, dass das benötigte Unterrichtsmaterial auch wirklich bei allen Kindern ankam – zur Not, indem sie mit dem Bollerwagen von Tür zu Tür gezogen sind. Oder die Lehrerinnen und Lehrer, die ihr eigenes Handeln in der Krise immer wieder hinterfragt und ihre Unterrichtsmethoden wieder und wieder angepasst haben, um immer besser zu werden.

Vor allem in jungen Unternehmen / Start-Ups werden Veränderungsprozesse oft mit agilen Methoden vorangetrieben. Die zeichnen sich dadurch aus, dass Planungs- und Führungsintensität zurückgefahren werden zugunsten schneller Umsetzung, hoher Anpassungsfähigkeit und großer Eigenverantwortlichkeit. Man probiert aus, sammelt Erfahrungen und bessert dann nach. Kann so etwas in Schulen funktionieren?

Da, wo sich Schulen auf die Ungewissheiten der Pandemiesituation eingelassen haben, konnte man genau diese Mechanismen beobachten. Das hat ganz sicher auch viel mit Führungsqualität zu tun – was dafür spricht, sich über die Aufgaben einer Schulleitung noch einmal verstärkt Gedanken zu machen, wie das ja auch einige Autor*innen in unserem Buch tun. Denn die Schulleitung prägt das Klima und die Haltung eines Kollegiums ganz entscheidend – das konnte man in der Corona-Krise besonders gut sehen. Und auch da zeigte sich: Wer ausprobiert, Erfahrungen sammelt und auch den Mut hat, mal zu scheitern, kommt letztlich weiter. Und wer seinem Kollegium kreative Freiheiten lässt, schafft Räume, in denen Neues entstehen kann. Corona hat in diesem Sinn auf dramatische Weise gezeigt, wo Schulen gut sind – und wo sie nachbessern sollten.

Vielen Dank!

Julia Egbers arbeitet als medienpädagogische Beraterin für den Landkreis Cuxhaven und ist als Lehrerin tätig. Neben Lehraufträgen an der Universität Oldenburg hält sie Vorträge und gibt Workshops zu medienpädagogischen und medienethischen Themen. 




Armin Himmelrath schreibt als Bildungs- und Wissenschaftsjournalist vor allem für den „Spiegel“ über das Bildungssystem. Er hat sich außerdem in mehreren Buchveröffentlichungen mit aktuellen Fragen der Schul- und Hochschulpolitik auseinandergesetzt.

 

Eltern, Expert*innen, Lehrkräfte und Betroffene schildern, was sie während der Krise erlebt haben, und leiten daraus Forderungen für eine gestärkte Schule nach Corona ab. Sie möchten herausfinden, wie wir Schule neu denken können und geben Impulse und Anregungen für eine Schule von morgen.

„Das Schuljahr nach Corona. Was sich nun ändern muss“
Julia Egbers, Armin Himmelrath (Hrsg.)
Hep Verlag 2020
21 Euro
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