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Teenager

Mädchen haben Angst

Anja Schimanke · 05.03.2018

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© iStockPhoto.com / nanmulti

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Sexuelle Gewalt gegen Mädchen und Frauen – damit hatte Heike Afflerbach-Hintzen als Kriminalkommissarin oft zu tun. Sie quittierte den Polizeidienst nach 17 Jahren, um dann auf selbständiger Basis als Präventionstrainerin aktiv zu werden. Heute gibt sie Workshops zur Stärkung der Selbstbehauptung von Mädchen und Frauen gegen sexuelle Belästigung. KÄNGURUplus hat sie zu Ihrer Arbeit und nach Tipps für Betroffene, als auch Präventivmaßnahmen befragt.

Sind Mädchen durch die #metoo-Debatte mutiger oder ängstlicher geworden?

Heike Afflerbach-Hintzen © Heike Afflerbach-Hintzen

Heike Afflerbach-Hintzen: Durch den öffentlichen Diskurs ist vielen Mädchen bewusst geworden, was alles als sexuelle Belästigung empfunden werden kann. Es gibt Mädchen, die jetzt offener mit dem Thema umgehen und sich ernst genommen fühlen, bei anderen ist es genau umgekehrt. Je nach Alter oder Art der Belästigung denken einige, dass Stars aus Hollywood ein Standing haben, sie selbst aber nicht. Viele Teilnehmerinnen haben auf der Arbeit zum Beispiel nicht gesagt, dass sie den Kurs besuchen. Sie haben es sich nicht getraut.

Drei von fünf Frauen in Deutschland haben seit ihrem 15. Lebensjahr sexuelle Belästigung erlebt, bei 33 Prozent gab es Grenzverletzungen im Arbeitsumfeld.

Ja, Mädchen haben Angst, sexuelle Übergriffe zu erleiden, und das nicht erst, seit das Thema in den Medien so präsent ist. Es ist erschreckend, was einige Mädchen schon alles erlebt haben. Im letzten Kurs waren über dreißig Mädchen, und nur drei gaben an, dass sie den Mund aufmachen würden, wenn sie sich sexuell belästigt fühlten. Alle anderen trauen sich das meist nicht.

Warum fällt es Mädchen oft schwer zu reagieren?

In vielen Situationen fühlen wir uns überrumpelt, weil wir mit manchen Dingen nicht rechnen oder es von Personen nicht erwarten. Wird jemand wiederholt übergriffig, kann man sich innerlich darauf vorbereiten. Dann fällt es einem oft leichter, entsprechend zu reagieren und zu sagen: So, jetzt reicht’s mir aber!

Muss das Mädchen tätig werden? Vielleicht hört es ja von alleine auf?

Nein. Wenn man nichts unternimmt, macht der Täter weiter. Die Abstände zwischen den Übergriffen werden kürzer, die Übergriffe heftiger. Die Betroffenen kriegen oft Schlaf- und Konzentrationsprobleme, verlieren ihre Arbeitsmotivation, machen Fehler. Am Ende verliert das Mädchen ihre Stelle und keiner weiß den wahren Grund. Darum ist es so wichtig, frühzeitig ein Stoppzeichen zu setzen und Grenzen aufzuzeigen.

Was können Mädchen in so einer Situation zu dem Jungen, dem Mann, ihrem Chef, Lehrer, Trainer sagen, wenn dieser übergriffig wird?

Freundlich, aber bestimmt sich klar abgrenzen und Sätze sagen wie: „Das ist unangebracht! Lassen Sie das, ich möchte das nicht! Das gehört hier nicht hin.“ Aber diese Sätze stellen für viele Mädchen meist schon eine große Hemmschwelle dar. Ich arbeite da- ran, dass Mädchen frühzeitig reagieren, Stopp sagen, damit es gar nicht erst so ein Ausmaß annimmt.

Was bewirken solche Stopp-Sätze?

Männer sind irritiert, dass auf der Gegenseite etwas passiert. Und die Mädchen merken, dass ihre Worte Wirkung zeigen. Ein Erfolgserlebnis! Es hilft so auch für weitere Situationen. Es gibt nicht nur diese eine Mög- lichkeit, sondern viele, und manches wirkt zusammen.

Was sollten Jugendliche noch tun?

Ihre Eltern informieren, auch wenn sie möglicherweise mit der Situation überfordert und verunsichert sind, da sie befürchten, dass ihr Kind seinen Ausbildungsplatz verlieren könnte. Die wenigsten wissen, welche Rechte ihr Kind hat. Sie können sich an die Schule, die IHK oder auch an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes wenden. Zu guter Letzt kann auch eine Anzeige bei der Polizei erstattet werden.

Wie können Eltern ihr Kind im Vorfeld stärken?

Indem sie mit ihrem Kind über das Thema offen sprechen. Dass es zu Übergriffen kommen kann, ist kein Geheimnis. Berichtet das Kind von Belästigungen, sollten Eltern das glauben, das Problem ernst nehmen und zusammen eine Lösung finden. Wichtig ist, das Kind in seinen eigenen Gefühlen zu bestärken und zu unterstützen.

Gibt es schon Pläne für 2018?

Wir wollen das Angebot gerne an weiteren Schulen umsetzen. Förderlich wäre ein flächendeckendes Angebot wie in Baden-Württemberg, wo es als Pflichtbaustein in den Unterricht eingebunden werden soll. Nicht nur für Mädchen. Auch Jungs müssen sich mit dem Thema beschäftigen. Sie sind verunsichert, wissen oft gar nicht, was Mädchen okay finden und was nicht. Und es gibt genug Jungen, die selbst angemacht oder angegriffen werden und betroffen sind.

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