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Rund ums Baby

Interview zu Fetalen Alkoholspektrum-Störungen (FASD)

Ursula Katthöfer · 01.04.2015

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pixabay.com

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Die werdende Mutter hat einen Rausch, das Kind behält einen lebenslangen Kater. Fetale Alkoholspektrum-Störungen (FASD) schaden dem ungeboren Kind und sind nicht heilbar. KÄNGURU hat mit der Kinderpsychiaterin Barbara Wüst darüber gesprochen.

Dr. med. Barbara Wüst behandelt seit 15 Jahren Kinder und Jugendliche mit FASD. Vor zwei Jahren hat sie eine Spezialsprechstunde eingerichtet. Die Kinder- und Jugendpsychiaterin ist außerdem Vorsitzende des Vereins FASD Projekte-Halbinsel.

KÄNGURU Baby: „Ein Glas Rotwein schadet nicht. Es ist sogar gut fürs Baby.“ Diese Empfehlung geistert immer noch durch die Köpfe. Was ist dran?

Barbara Wüst: Alkohol ist toxisch und hindert insbesondere die Zellteilung. Das kann für ein Kind im Wachstum, dessen Zellen sich ununterbrochen teilen, nicht gut sein. In den ersten Schwangerschaftswochen, bevor sich das Ei einnistet und die Frau noch nichts von ihrer Schwangerschaft weiß, gilt das „Alles oder Nichts“-Gesetz: Ein früh geschädigter Embryo wird sich gar nicht erst einnisten. Konsumiert die werdende Mutter später Alkohol, entstehen je nach Stand der Organentwicklung Missbildungen. Das Gehirn ist durchgängig in der Entwicklung, somit auch das empfindlichste Organ in der Schwangerschaft.

Gilt für Schwangere also eine Null-Toleranz?

Ja, wir empfehlen Frauen mit Kinderwunsch schon in der Planungsphase auf Alkohol zu verzichten, damit sich das werdende Kind einnisten und wachsen kann. Wenn im Laufe der Schwangerschaft einmal ein Glas Wein getrunken wird, hat dies laut Studienlage in der Regel keine Auswirkungen auf das Kind. Schlimm für die kindliche Entwicklung sind Vollräusche und regelmäßiger Alkoholkonsum.

Was passiert bei einem Vollrausch?

Wenn die Mutter z. B. am Rosenmontag viel Alkohol trinkt, mag sie 24 Stunden später wieder fit sein. Das gilt nicht für das Kind: Denn die Placenta, die das heranwachsende Kind ununterbrochen mit Nahrung versorgt, speichert den Alkohol. Das Kind bekommt noch Tage später Alkohol über die Nabelschnur. Da die kindliche Leber Alkohol nur eingeschränkt abbauen kann, hat das Kind auch über Aschermittwoch hinaus einen Rausch.

Welche gesundheitlichen Folgen kann das für das Kind haben?

Alkohol hindert kindliches Wachstum, sorgt für Untergewicht und einen kleinen Kopfumfang. Alle Organe können durch das Gift geschädigt werden. Es kann zu Herz- und Nierenfehlern oder Lippen-Kiefer-Gaumenspalten kommen. Häufig sind Einschränkungen des Verstandes und ausgeprägte Konzentrationsschwächen.

Sieht man einem Neugeborenen bereits alkoholbedingte Schäden an?

Nur beim Vollbild des fetalen Alkoholsyndroms sehen wir Fehlbildungen des Gesichts, Minderwuchs und Muskelschwäche. Die meisten betroffenen Kinder zeigen jedoch nicht das Vollbild, sie haben nur vereinzelte Missbildungen. Doch fast alle Säuglinge schlafen weder ein noch durch, gedeihen und trinken schlecht. Später folgen verminderte Intelligenz, eine schwache Merkfähigkeit und unkoordinierte Arbeitsabläufe.

Welche Therapie kann den FASD-Kindern helfen?

FASD ist nicht heilbar. Wir versuchen Symptome wie Durchschlafstörung, Konzentrationsschwäche und Dyspraxie, (Schwäche, Arbeitsabläufe zu koordinieren) zu lindern, indem wir die Eltern sehr intensiv fördern und unterstützen. Oft fällt diesen Kindern das Leben jeden Tag aufs Neue so schwer, dass auch die geduldigste und liebevollste Familie an ihre Grenzen kommt.

Gibt es bereits Erfahrungen, wie Erwachsene mit FASD leben?

Ja, Kinder mit Alkoholschädigungen sind leider schon lange bekannt. Diese Menschen benötigen eine lebenslange, sehr enge Unterstützung. Sie vergessen Arbeitsabläufe, laufen bei Überforderung oft weg oder verstehen Begriffe wie Zeit oder Besitz nur begrenzt. So geraten viele unserer Patienten mit dem Gesetz in Konflikt, müssen sogar ins Gefängnis, weil sie ihre Bewährungsauflagen einfach vergessen. Fast alle betroffenen Patienten haben einen gesetzlichen Betreuer, arbeiten nicht auf dem ersten Arbeitsmarkt und leben nicht selbstständig.

Was empfehlen Sie schwangeren Frauen, die bereits ein Glas zu viel getrunken haben?

Wenn jemand nur ein Glas getrunken hat, empfehle ich auszuatmen und auf das nächste Glas zu verzichten. Wenn es jedoch ein Glas zu viel war, sollte die werdende Mutter ihre Scham überwinden und dringend zur Suchtberatung gehen. Das Problem zum Schutz des Kindes angehen! Auch sind regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen in der Schwangerschaft wichtig, um das kindliche Gedeihen zu prüfen.

BabySpezial: Vielen Dank.

Finger weg vom Alkohol: Die Geschichte von Sam, einem Kind mit FASD.

Beratung zu FASD

„Alkohol ist eine legale Droge und in unserer Gesellschaft anerkannt. Das erschwert die Aufklärung über die Folgen von Alkoholgenuss während der Schwangerschaft.“ So beschreibt Matthias Falke, Berater im Erziehungsbüro Rheinland, seinen täglichen Kampf gegen Alkohol. Das Erziehungsbüro hat Standorte in Köln, Bonn und Aachen. Es hilft u.a. Eltern und Pflegeeltern, deren Kinder unter FASD leiden. Sie treffen sich einmal im Monat in Köln zum Arbeitskreis FASD.

Adressen

Erziehungsbüro Rheinland gGmbH

Hauptsitz Köln
Christophstr. 50-52
50670 Köln
Tel. 0221 – 139 39 10

Zweigstelle Aachen

Vaalser Str. 17
52064 Aachen
Tel. 0241 – 949 23 29

Zweigstelle Bonn

Clemens-August-Str. 7a und 9
53115 Bonn
Tel. 0228 – 36 94 23 80

Links

FASD Deutschland e.V. klärt Ärzte, Hebammen und werdende Eltern auf. Der Verein bietet Flyer und seine Mitgliederzeitung FAScette zum Download an. Therapien, die unterstützen können, sind ebenso aufgelistet wie Fachärzte.

Wilhelm Busch hat ein Kind mit FASD-Zügen weltbekannt gemacht. Bei seinem Moritz aus „Max und Moritz“ fallen kleine Augen mit schmalen Lidspalten und eine aufgeworfene Nase mit verkürztem Rücken auf – typische Merkmale für FASD-Kinder. Weiteres Wissenswertes auf der Webseite von Dr. Reinhold Feldmann.

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung: Hier informiert Marlene Mortler, die Drogenbeauftragte der Bundesregierung. Es geht auch um die sozialrechtliche Praxis, da FASD-Kinder häufig Hilfen beantragen können.

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