Teenager
In der Werkstatt lerne ich am meisten: Tischler:in
Hanka Meves-Fricke · 29.11.2022
zurück zur ÜbersichtTischler Matthias Schmitz © Sonja Hoffmann
Tischler:in oder Schreiner:in
Beide Bezeichnungen werden oft gleichwertig benutzt, in Köln ist Tischler:in die korrekte Bezeichnung. „Ich verbinde den Begriff Tischler mehr mit Möbelbau“, erzählt uns Matthias Schmitz. „Bei Manufact arbeiten zehn Mitarbeiter:innen und bauen vor allem hochwertige Möbel für Häuser, Wohnungen und Büros. Wir setzen auch Türen und übernehmen den kompletten Innenausbau.“
Matthias hat schon früh gern handwerklich gearbeitet. Sein Vater war Modellbauer, ist heute Ingenieur und hat zu Hause eine Werkstatt eingerichtet. „Dort konnte ich mich gut ausprobieren. Zuerst habe ich mit Metallbau geliebäugelt, aber Holz finde ich feiner und angenehmer in der Arbeit.“ Als Matthias nach einem Ausbildungsbetrieb gesucht hat, ist er schnell auf Manufact gestoßen, da er in der Nähe wohnt. „Hier gefällt mir, dass wir ein Team aus Frauen und Männern sind und gemeinsam arbeiten.“ Michael Kals, Geschäftsführer der Manufact Tischlerei GmbH ergänzt: „Schon in meiner Ausbildungswerkstatt haben 1980 Frauen und Männer gearbeitet“, und er wirbt für den Beruf auf Ausbildungsmessen.
„Die Tischlerausbildung kann man mit einem Hauptschulabschluss absolvieren, doch bei uns in der Klasse lernen vorwiegend junge Leute mit Abitur.“ Matthias hat ebenfalls Abitur gemacht. „Leider ist es so, dass wir in der Schule, besonders im Gymnasium, nicht viel über interessante Berufe erfahren haben.“
Ruft einfach in der Werkstatt an
Darum hat Matthias Schmitz sich während eines Praktikums die Arbeit in der Werkstatt angesehen. „Ich habe im Büro angerufen und nach den Möglichkeiten gefragt. Zwei Wochen Praktikum sind empfehlenswert. In dieser Zeit lernen Praktikant:innen verschiedene Arbeiten kennen. Nach dem Anruf habe ich meine Bewerbung geschrieben und geschickt und dann noch einmal telefonisch nachgehakt, ob das mit dem Praktikum klappt.“
Das fertige Produkt sehen
„Toll ist an meiner Arbeit, dass wir von Anfang bis Ende an einem Produkt arbeiten und dann auch das Ergebnis unserer Arbeit sehen. Unsere Chefs treffen sich mit den Kund:innen und besprechen die Möglichkeiten und messen auf“, erzählt Matthias Schmitz begeistert. „Dann erstellen sie ein Angebot mit den Ideen und Vorschlägen der Betriebsinhaber. Manchmal entwerfen auch Architekt:innen die Projekte. Die Fertigungspläne werden in der Regel bei uns in der Werkstatt erstellt.“ Die Auszubildenden lernen, diese zu lesen und danach zu arbeiten. „Das Gute ist, dass wir in der Berufsschule Fächer haben, die wir in der Arbeit anwenden können“, ergänzt Matthias. „Beim Einbau bei den Kund:innen sehen wir alles vom Rohbau bis zum fertigen Büro oder der eingerichteten Küche. Ich freu mich, wenn die Kund:innen zufrieden sind.“
Messen und Material entsprechend zuschneiden © Sonja Hoffmann
Zudem mag Matthias die verschiedenen Aufgaben. „Natürlich passiert es auch, dass ich zwei Tage lang an der Säge stehe und das Material zuschneide. Aber das ist nicht die Regel. Ich sehe viel von Köln und manchmal auch darüber hinaus, weil ich bei den Kund:innen vor Ort arbeite, und ich sammele dort Ideen für meine spätere Wohnung.“
Matthias würde sich wünschen, dass es zur Ausbildung eine Unterstützung in der Art der Förderung für Studierende gibt. Die Ausbildungsvergütung wird von den Betrieben getragen, zusätzlich Beiträge für die überbetrieblichen Unterweisungen.
Hochwertige und nachhaltige Produkte
Die Tischlerei Manufact stellt hochwertige Möbel her, die lange genutzt werden. Das ist ein Beitrag zum nachhaltigen Wirtschaften. „Schwierig hingegen ist im Moment, dass es bei Holz- und Holzprodukten große Lieferschwierigkeiten gibt und die Materialpreise stark angezogen haben“, ergänzt Matthias Schmitz. In der Arbeitsorganisation ist es eine Herausforderung, dass auf einer Baustelle erst andere Gewerke arbeiten. Wenn es zu Verschiebungen kommt, müssen die Tischler:innen am Ende der Kette schnell und dennoch gut arbeiten, um Termine einzuhalten. Die Regelarbeitszeit umfasst 40 Stunden, Überstunden können manchmal hinzukommen. Manufact arbeitet mit Arbeitszeitkonten und bietet Gleitzeit an.
Sicherheit geht vor
Gehörschutz und das sorgfältige Einrichten der Schutzhauben an Sägen und anderen Maschinen gehören für Matthias immer dazu. „Wir arbeiten an verschiedenen Maschinen. Den Umgang damit lernen wir im Betrieb und in Lehrgängen. Wenn wir uns an alle Vorschriften halten, sind diese sehr sicher.“ Das ist wichtig, damit sich die Tischler:innen nicht bei der Arbeit verletzten. Dabei weist uns Matthias Schmitz darauf hin, dass sie zum Beispiel an der Säge keine Handschuhe tragen, weil das zu Unfällen führen kann.
Holz trifft Glas
Zurzeit arbeitet Matthias an einem Projekt. Er arbeitet an einem Vitrinenschrank aus Kirschholz-Furnier. Die zwei Seiten des Schranks spiegeln sich in der Holzmaserung und in den Materialien Glas und Holz. Dafür hat Matthias Ideen gesammelt, dann eine große Zeichnung entworfen, ein Modell aus Materialresten gebaut. Noch überlegt er, wie er das Glas für die Front zuschneidet. So übt er bereits für sein Gesellstück zum Abschluss der Ausbildung.
Ruhig und ausgeglichen
Matthias lacht, als er uns erzählt, dass er selbst bei seiner Abiturprüfung ruhig geblieben ist. „Das hilft mir hier bei der Arbeit. Ruhe ist gut im Handwerk.“ Jetzt in der Ausbildung bekommt er gute Noten. Nach der Ausbildung würde Matthias gern im Ausland arbeiten. Er weiß, dass die Ausbildung in Deutschland in anderen Ländern geschätzt wird und hat ordentlich Englisch gebüffelt. Später kann er sich vorstellen, seinen Meister zu machen.
„Ruhe ist gut im Handwerk" © Sonja Hoffmann
Nach dem Gespräch sehen wir uns seine Projektarbeit an. Ich fahre mit der Hand über die fein geschliffene Holzoberfläche. Eine schöne Arbeit, denke ich, und meine damit nicht nur dieses Projekt.
Ausbildung: Tischler:in
Voraussetzungen:
- Mindestens Hauptschul- oder Realschulabschluss
- Interesse an Basteln, Handwerken, Skizzen entwerfen
- Gute Kenntnisse in Mathematik und Physik oder Technikunterricht
Inhalte:
- Berufsübergreifende Themen:
Mathematik, Physik und Informatik, Deutsch, Sozialkompetenz - Berufsbezogener Lernbereich:
Gestalten und Konstruieren, Planen von Arbeitsabläufen, Teamwork, Organisation von Arbeitsplätzen, Arbeiten mit Holz und sonstigen Werkstoffen, Umgang mit Werkzeugen und Maschinen, Herstellen von Werkstücken, Veredeln von Oberflächen, Montagearbeiten, Kundenorientierung, Qualitätssicherung, Sicherheit bei der Arbeit
Weiterbildung:
- Möglichkeiten, sich als Meister:in selbstständig zu machen und Führungskraft in einem Unternehmen zu werden
- Es gibt viele Weiterbildungsangebote in Innenausbau, Holztechnik, etc.
- Zudem können Jugendliche das Fachabitur machen und dann studieren, zum Beispiel Architektur oder Design
Vergütung:
- Lehrjahr circa 650 Euro Brutto
- Lehrjahr 700-750 Euro Brutto
- Lehrjahr 750-850 Euro Brutto
Matthias Schmitz erhält zudem seine Fahrtkarte für den Öffentlichen Nahverkehr bezahlt.
Infos:
www.ausbildung.de/berufe/tischler
Weitere Ausbildungsberufe findet ihr in unserer Berufe-Check-Übersicht.