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Kolumne

Tragischer Fall einer Schnecke

Frau Karli · 22.10.2014

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Foto: Pexels

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Oder: Auch kleine Menschen haben große Gefühle

Neulich ist mir etwas Schlimmes passiert. Bis dahin war der Tag schön gewesen – wir hatten in der Zentralbibliothek tolle Bücher und Filme ausgeliehen, auswärts gegessen und dann auch noch für alle neue Sportklamotten gekauft. Wieder daheim, fütterte unsere sechsjährige Tochter M. ihre vier Schnecken (drei namenlose, da quasi identische Viecher mit spitzem Gehäuse und unsere geliebte Elsa, eine wunderschöne Schnirkelschnecke), mein Mann tanzte mit dem Baby vor dem Spiegel und ich zauberte für uns ein leckeres, aber gesundes Mahl. Nach dem Essen räumte ich ab und stellte mich auf einen ruhigen Abend ein.

Plötzlich gellte ein Schrei durch die Wohnung und M. stand in der Küchentür: „Mama, hast du den Teller mit den Gurkenscheiben und dem Salatblatt weggeräumt?” Ich bejahte. „Hast du alles in den Mülleimer geschmissen?” Ich nickte. M. brach weinend zusammen: Ich hatte die Schnecken entsorgt. Oh nein! Unter ausschweifenden Entschuldigungen und großem Ekel durchwühlte ich den Müll. Und wurde vom Universum belohnt: Ich fand unsere teure Elsa unversehrt wieder – was für eine Erleichterung! Von ihren komischen, spitzen Kollegen fand ich immerhin (!) zwei wieder. Zu meinem Erstaunen weinte M. weiter. Den Verlust der vierten Schnecke konnte sie nicht verwinden. „Sie wird Angst haben und mich vermissen”, schluchzte sie. „Denn sie wird mich nie, nie wieder sehen.

Ich hatte schon immer eine Schwäche für dramatische Szenen mit tränenüberströmten Gesichtern. Und weil auch kleine Menschen ein Recht auf große Gefühle haben, stimmte ich einfach in ihr Klagelied ein. Mit kummerverzerrten Gesichtern packten wir unsere Einkäufe aus und unterbrachen unsere Trauer nur kurz, um die schönen neuen Sachen noch mal anzuprobieren (Wie muskulös meine Beine in dieser neuen Capri-Sporthose aussahen, großartig! Und dieser niedliche Kinderbikini stand M. einfach fabelhaft!). Danach bejammertem wir gemeinsam weiter den tragischen Fall der Schnecke, die in den Untiefen unseres Mülls einem ungewissen Ende entgegenblickte. Wir putzten uns schweigend die Zähne und strichen Elsa und den anderen Überlebenden noch einmal sanft über die Schneckenhäuschen. Im Bett sprachen wir leise über das Loslassen und die Müllverwertungsanlage (kürzlich war M. mit dem Kindergarten dort gewesen), über die Verwandtschaft von Schnecken und Quallen, über Pfannkuchen und Erdbeeren und über die Vergänglichkeit der Dinge. Dann schliefen wir friedlich ein.

Herzlichst Ihre
Frau Karli

rote Schuhe

© John Krempl/photocase.com

 

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