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Gesellschaft

Mut zu neuen Wegen

Ursula Katthöfer · 10.05.2022

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Stephan Wilke-Boer in seinem Foodtruck Erdapfel © Marc von Martial

Stephan Wilke-Boer in seinem Foodtruck Erdapfel © Marc von Martial

Eine neue Freundschaft, der Umstieg auf vegetarische Ernährung, Italienisch für Anfänger – schon kleine Änderungen können unserem Leben eine neue Richtung geben. Den Job zu wechseln oder in eine entfernte Stadt zu ziehen, ist deutlich einschneidender. Stephan Wilke-Boer hat beides gemacht: Aus dem Kameramann aus Hamburg wurde der Foodtruck-Besitzer auf dem Bonner Markt.

„Es konnte passieren, dass abends das Telefon klingelte und ich morgens im Flugzeug nach Italien saß“, erinnert sich Stephan Wilke-Boer. Ausgebildet als Mediengestalter Bild und Ton, entwickelte er sich zunächst zum Kameraassistenten, später zum Kameramann. Wenn er von seinen Reisen um die Welt erzählt, entstehen Bilder im Kopf: „Auf Borneo haben wir einen Forscher begleitet, der im tropischen Regenwald Orang-Utans vor dem Aussterben rettet. Mit dem Arktisforscher Arved Fuchs waren wir durch Grönland unterwegs.“ Doch was nach Abenteuer klingt, hatte seine Schattenseiten: „Die Tage sind lang, die Hotels mäßig. Und die Verantwortung ist groß. Wer in der Arktis feststellt, dass ein Ladekabel fehlt, kann nicht einfach umkehren, um es zu holen.“

17 Jahre lang machte Wilke-Boer den Job. Namhafte Sender beauftragten ihn. Der Erfolg war – im wahrsten Sinne – unübersehbar. Doch als er Vater wurde, änderte sich der Blick auf die Dinge. „Meine Frau und ich dachten erst, dass wir beide beruflich weitermachen könnten wie vorher. Doch wir haben schnell spitz gekriegt, dass das überhaupt nicht funktionierte.“ Als sein Sohn etwa ein Jahr alt war, steuerte er um.

Schnitt: Totale vom Bonner Markt. Gegenüber des Obelisken parkt ein Foodtruck, auf dessen Türen „Erdapfel Bonn“ steht. Herzstück der umgebauten Ladefläche ist ein Ofen, in dem Wilke-Boer Ofenkartoffeln zubereitet. Rechts der Glastheke hängt die Speisekarte: „Simon“ im Barbecue-Style ist der Herzensbrecher unter den Ofenkartoffeln. „Anna“ ist der Dauerbrenner mit Roter Bete, Feldsalat und Sour Cream. „Markus“ kommt als grüne Gesundheitsbombe daher. Dazu gibt es Potato Wedges mit Huhn, Schwein oder Salat.

„Wir sind ins Rheinland gezogen, weil meine Frau von hier stammt und beruflich gute Chancen hatte“, erzählt Wilke-Boer. Zum Foodtruck kam er aus einer Laune heraus, Gastronomie hatte ihn schon immer interessiert. „Ich habe mir mehrere Fahrzeuge angesehen. Irgendwann passte es einfach.“ Finanziell war der Schritt überschaubar, ein Laden hätte deutlich mehr gekostet. Das ist nun sechs Jahre her. Wilke-Boer hat inzwischen einen zweiten Truck und viele Stammkunden. In den kommenden vier Monaten ist er an den Wochenenden wegen Caterings so gut wie ausgebucht. Er bildet einen jungen Mann zum Fachmann für Systemgastronomie aus und beschäftigt mehrere Saisonkräfte. Inzwischen denkt er doch über ein festes Ladenlokal mit festem Wasseranschluss und einem Kühlraum nach.

Auch heute ist sein Leben voller Eindrücke, er hat gut zu tun. Dennoch hat die Neuorientierung viel verändert. Ein Familienleben ist möglich: „Früher habe ich bis zu 150 Nächte pro Jahr im Hotel verbracht. Heute kann ich meinen Sohn dreimal die Woche von der Schule abholen und mit ihm den Nachmittag verbringen.“ Der Wechsel hat sich gelohnt.


© simonmayer/AdobeStock

Kraft, Zeit und Geld sind wichtige Ressourcen

Wer etwas Neues startet, muss zunächst ein paar grundsätzliche Dinge entscheiden: Findet das neue Element zusätzlich einen Platz in mein Leben? Oder muss ich mich zuerst von etwas Altem trennen? Die Antwort hängt eng mit den Ressourcen zusammen: Kraft, Zeit und Geld sind wesentlich, um sich intensiv auf ein neues Abenteuer einzulassen. Die Möglichkeiten, Neues und Altes parallel zu tun, sind zahlreich:

  • Berufsbegleitende Fortbildung oder Studium: Es kann sehr anstrengend sein, sich zusätzlich zu Familie und Beruf weiterzubilden. Oft motiviert ein absehbarer Karriereschritt, der im Job mehr Verantwortung bringt und besser bezahlt wird. Erwachsene Familienmitglieder und Freunde können gebeten werden, die Kinder regelmäßig für einen Abend oder Samstag zu übernehmen. Auch Hilfe im Haushalt entlastet sehr.
  • Gründung im Nebenerwerb: Vor allem Frauen, die ein eigenes Unternehmen gründen, tun dies zunächst neben ihrem Hauptberuf. Tagsüber ins Büro, abends ins Atelier, um am Wochenende auf Märkten eigenen Schmuck oder Bilder zu verkaufen, erfordert viel Kraft. Der Vorteil: Die Festanstellung bleibt eine sichere Bank, falls es mit der eigenen Geschäftsidee nicht so gut läuft. Teilzeitmodelle sind denkbar, um alles unter einen Hut zu bringen.
  • Klimawandel, Corona-Pandemie, Flüchtlingsstrom – ohne ehrenamtliches Engagement kommen wir als Gesellschaft nicht mehr weiter. Oft ist in Vereinen und Initiativen so viel zu tun, dass sich ein Sog entwickelt. Was als kleine Hilfe begann, nimmt plötzlich großen Raum ein und zieht viel Energie. Das kann sehr befriedigend sein. Denn Gutes zu tun, stärkt das eigene Selbstbewusstsein. Dennoch ist es sinnvoll, sich emotional abzugrenzen und Auszeiten einzuplanen. Wenn das Engagement zu erschöpfend ist, hilft es niemandem.

Ob Fortbildung, Nebenerwerb oder Ehrenamt – viele Fördertöpfe unterstützen finanziell bei neuen Wegen. Darüber informieren die jeweiligen Weiterbildungsinstitute, Hochschulen, IHKs, Handwerkskammer, Agentur für Arbeit, Jobcenter sowie NGOs und Vereine.

Persönliche Stärken helfen bei Durststrecken

Die Trennung vom Partner, eine schwere Krankheit oder der Verlust des Arbeitsplatzes können zu einem kompletten Neustart führen. Manchmal kommt die neue Lebenssituation unverhofft, in anderen Fällen ist sie lange absehbar. So oder so will Vieles geplant und organisiert werden. Zunächst über ein paar Dinge nachzudenken, kann Stolperfallen vermeiden.

  • Wir beginnen nie ganz von vorn. Jeder von uns bringt viel Lebenserfahrung und zahlreiche persönliche Stärken mit. Sich auf das Gute zu konzentrieren, hilft bei Durststrecken enorm.
  • Beratung tut gut. Ob es ein neuer Tanzkurs oder der Bau eines Eigenheims ist – hilfreich ist immer, mit Menschen darüber zu reden, die das schon gemacht haben. Gespräche mit Freunden öffnen neue Perspektiven. Der Anruf bei einer Hotline kann eine Idee bestätigen oder endgültig begraben – beides darf sein. Profis in Beratungsstellen schauen oft über den Tellerrand hinaus und geben wertvolle Tipps. In der Selbsthilfe kommen Menschen zusammen, die ein gemeinsames Schicksal tragen. Zusammen finden sie zurück ins Leben.
  • Ein neues Vorhaben einmal durchzurechnen, schadet nicht. Wie viel Geld muss ich investieren und lohnt sich das alles? Wer immer wieder Lob für seine tollen Torten erhält und sich mit einem Café selbstständig machen möchte, muss sich fragen: Wie oft am Tag muss jeder Stuhl mit einer Person, die mindestens ein Stück Marzipantorte und einen Latte macchiato verzehrt, besetzt sein, damit ich davon leben kann? Manchmal lassen einfache Rechnungen Träume platzen.

Jeder einzelne Schritt zum Neubeginn kann motivierend sein. Rückschläge gehören dazu. Deshalb gilt: Nur Mut!

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