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Familienleben

Vater-Sohn-Zeit in Neuseeland

Claudia Berlinger · 30.05.2020

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Vater-Sohn-Zeit in Neuseeland

Vater-Sohn-Zeit in Neuseeland

Andreas Seltmann ist erfolgreicher Ingenieur und Marketingleiter, als sein Sohn Tim mit 17 Jahren seine weiterführende Schule ohne Abschluss verlassen muss. Er fasst einen ungewöhnlichen Entschluss: Er nimmt eine Auszeit von seinem Job, um mit seinem Sohn eine gemeinsame Vater-Sohn-Zeit in Neuseeland zu verbringen. Dreißig Tage erkunden die beiden mit dem Camperbus dieses atemberaubende Land am anderen Ende der Welt.

Kontakt hält Seltmann in berührenden Briefen an die daheim gebliebene Familie, Freunde und fiktive Personen und verarbeitet so ihre zahlreichen Erlebnisse, Abenteuer und Geh-Spräche, die zeigen, wie wichtig Männer im Leben von Söhnen sind. Das daraus entstandene Buch ist die Geschichte einer inneren und äußeren Reise zweier Männer auf dem Weg zueinander – und zu sich selbst.

Claudia Berlinger für KÄNGURUplus: Als Mutter war ich sehr berührt davon, Aufzeichnungen eines Vaters zu lesen, der seinen Sohn auf ungewöhnliche Weise ins Mann-Sein begleitet. Was bedeutet das gemeinsame Reisen für Sie und wie kam es zu dem Reiseziel?

Seltmann: Ich habe mir Tims Scheitern am Schulsystem sehr zu Herzen genommen und gespürt, dass auch mein Vatersein sich veränderte. Dass man gemeinsam etwas macht, das einen verbindet und das beiden Freude macht, ist wichtig. Wohin genau die Reise geht, ist ja eigentlich zweitrangig. Ich war lange Zeit im Round Table, einmal im Jahr verbrachten wir Vater-Kind-Wochenenden im Schwarzwald mit dem Credo „Waschen nur, wer will“ – es war wildes Waldleben ohne Strom, dafür mit Lagerfeuer und Stockbrot. Die Jungs sprechen heute noch davon. Neuseeland war für uns beide ein Sehnsuchtsland, seit ich zehn Jahre zuvor einmal dort gewesen war und viel von meinen Eindrücken erzählt hatte. Das hat die Keimzelle gelegt. Es war klar, dass Tim irgendwann auch dorthin wollte.

Warum liegt der Fokus Ihrer Überlegungen auf der Beziehung zum gleichgeschlechtlichen Elternteil? So gerne ich mit meiner Tochter auf Reisen bin, finde ich doch auch ihre Reisen mit dem Vater sehr wichtig. Könnten Sie sich vorstellen, auch mit Ihrer Tochter eine solche Reise zu begehen?

Meine Tochter ist jetzt in dem Alter von Tim damals. Ich könnte mir eine Reise in jedem Fall auch mit ihr vorstellen, aber ich würde meiner Frau dieses besondere Erlebnis zwischen Mutter und Tochter nicht wegnehmen wollen. Unsere Kinder brauchen männliche UND weibliche Angebote, um herauszufinden: „Wie will ich später als Mann oder als Frau sein?“ Mädchen brauchen männliche Angebote, um für sich zu klären: „Wie stelle ich mir meinen späteren Partner vor?“ Ich sehe Väter hier als Impulsgeber. Ich habe für mich gemerkt, dass unsere Jungs viele weibliche Angebote haben: tolle Mütter, Erzieherinnen und Lehrerinnen. Aber wo sind eigentlich die Väter?

Ihr Buch NeuseeSohnland ist ein Plädoyer an Väter, mehr Lebenszeit mit ihren Kindern zu verbringen. Warum liegt Ihnen dieses Thema so am Herzen?

Ich habe mich vor unserer Reise sehr mit dem Erwachsenwerden beschäftigt. Beeindruckt hat mich das Buch „Männer auf der Suche“. Bevor Männer im Zuge der Industrialisierung in die Fabriken gingen, hatten Jungs mehr Kontakt zu männlichen Vorbildern. Ich sehe, dass sich viele von uns vornehmlich im Bereich Karriere engagieren – sie sind abwesende Väter. Kinder brauchen aber anwesende Väter, die sie begleiten. Es fehlen oft wichtige Initiationsriten in Übergangsphasen, wie zum Beispiel bei einem Schulwechsel oder dem Beginn einer Ausbildung oder eines Studiums, die einen Sohn ins Mannsein begleiten. Für mich bedeutet Erwachsenwerden, dass sich eine Tür in den nächsten Raum öffnet. Doch dafür muss sich erst einmal eine andere Tür schließen. Es sind Übergänge, die sehr wertschätzend und bewusst begangen werden können. Tim hat im September seine Ausbildung begonnen. Am Tag zuvor haben wir ein Familienessen gemacht und ihm einen Schuhkarton mit Erinnerungen aus der Kinder- und Jugendzeit überreicht. Wir haben früher Vereinbarungshefte geführt. Die kamen in den Karton. Jeder in der Familie hat Tim in einem Brief geschrieben, was wir ihm wünschen und wofür wir ihm danken. Es war sehr bewegend und bereichernd für uns alle.

Was hat sich an Ihrem Verhältnis zu Ihrem Vatersein verändert durch Ihre Reise?

Die Lebensphasen wandeln sich ja. Ins Thema Zeit ist mehr Qualität hereingekommen. Die Reise ist da ein Puzzlestück gewesen. In unserer Familie gibt es – diese Idee ist auf der Reise entstanden – einen festen Vater-Sohn-Tag und einen Vater-Tochter-Tag im Jahr. Ich habe in Neuseeland den Beschützer abgegeben und bin jetzt mehr Ratgeber meiner Kinder. Das nutzen beide deutlich mehr als früher. Heute frage ich: „Möchtest du einen Rat oder ein Feedback von mir?“ Inzwischen kommen jetzt auch Angebote von Tim. Letzte Woche fragte er, ob ich mit ihm und Freunden zusammen zur Whiskeymesse gehe. Da hat sich definitiv etwas geändert.

Was war die größte Überraschung auf dieser Reise? War es die Veränderung, die Sie selbst durchlaufen haben und die Sie dazu führte, Ihren Job zu kündigen?

Es gab einen ganz speziellen Moment auf der Reise, an dem ich mir die Frage stellte: Was will ich in meinem Leben wirklich noch tun, sehen und erreichen? Es war eine besondere Begegnung, bei der ich spürte: Ich werde in meinem Leben etwas ändern. Ich hatte einen tollen Chef. Als ich ihm sagte: „Ich möchte noch etwas anderes mit meinem Leben tun“, überlegten wir gemeinsam, was das innerhalb der Firma sein könnte. Schließlich fragte er: „Was wäre, wenn ich die guten Dinge, die ich an dir schätze, von dir kaufen könnte?“ Ich bin gerne mit Menschen zusammen und liebe es, Ideen zu kreieren, die Menschen berühren. Nun arbeite ich als selbstständiger Business- Moderator und leite Workshops, Strategieklausuren und begleite Veränderungsprozesse. Meine Mutter sagte dazu: „Ich habe schon immer gewusst, dass du so etwas machen würdest.“

Und Mütter haben ja bekanntlich immer Recht (lacht). Zum Abschluss noch die Frage, was wir Eltern von unseren Kindern lernen können und sollten?

Die jugendliche Leichtigkeit des Seins. Im Hier sein. Und definitiv das Zuhören!! Ich möchte ja als Vater alles Schlechte von meinen Kindern fernhalten. Alle Eltern wollen Sicherheit für ihre Kinder. Erfahrung schützt, aber mal mit Leichtigkeit und Experimentiergeist an Dinge heranzugehen und einfach auszuprobieren, ohne viel nachzudenken, das lehren uns unsere Kinder, wenn wir sie lassen.

Vielen Dank für dieses schöne Gespräch!

Ich danke auch. Es hat mir viel Freude gemacht, mit Ihnen zu sprechen.

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