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Bewegung

Mut zum Hobby Horsing

Svenja Kretschmer · 18.06.2020

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Lara und ihre Geburtstagsgäste: die „Speed Hearts“. © Svenja Kretschmer

Lara und ihre Geburtstagsgäste: die „Speed Hearts“. © Svenja Kretschmer

Was ist Hobby Horsing überhaupt und was begeistert die Mädchen so sehr an ihrer ungewöhnlichen Sportart? Was braucht man für Hobby Horsing und für wen ist das was? Wie funktioniert ein Turnier und welche Angebote gibt es hier in Köln? Diesen Fragen möchte ich heute auf den Grund gehen.

Sieben Mädchen im Alter zwischen zehn und zwölf Jahren hüpfen im Nieselregen über die Terrasse und feuern Lara an, die gerade auf ihrem Steckenpferd über ein 60 Zentimeter hohes Hindernis springt. Auf dem Gartentisch liegen neben reichlich Süßigkeiten noch zehn weitere Steckenpferde, bereit für ihren Einsatz. Es ist der zweite Sonntag im Januar und ich bin ich auf Laras Geburtstag eingeladen. Sie veranstaltet zu diesem Anlass mit der Hilfe ihrer Mutter Jasmin ein Hobby Horsing-Turnier.

Hobby Horsing – der neue Trendsport aus Finnland

Hobby Horsing ist eine Sportart, die in Finnland populär geworden ist. Sie hat eine regelrechte Welle ausgelöst, welche sich vor allem über die Sozialen Medien langsam in Europa ausgebreitet hat und immer mehr auch bei uns in Deutschland ankommt. Im Grunde handelt es sich hierbei um eine Alternative zum Reitsport. Vor allem Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 18 Jahren absolvieren die Disziplinen Dressur, Springen und Geländeritt – statt auf einem echten Pony reiten sie jedoch auf einem Steckenpferd.

Neben der körperlichen Anstrengung besteht die Schwierigkeit darin, dass die größtenteils weiblichen Reiterinnen sich dabei zweigeteilt sehen müssen: Mit dem Oberkörper bewahren sie die Haltung einer Reiterin, mit den Beinen imitieren sie die Schritte des Pferdes. Gleichzeitig achten sie bei richtigen Turnieren auch auf die korrekte Positur des Steckenpferdes, welches Rumpf und Kopf des Ponys bildet.


Lilly springt auf ihrem Steckenpferd Brownie. © Svenja Kretschmer

Während Lara und ihre Freundinnen sich noch für das anstehende Turnier aufwärmen, nutze ich die Gelegenheit, mit Laras Mutter Jasmin zu sprechen. Vor zwei Jahren wünschte Lara sich ein Hobby Horse zum Geburtstag. Damals kannte Jasmin den Sport noch nicht, doch ihr Ehrgeiz war schnell gepackt: Mittlerweile stellt sie unter dem Namen „Hobby Horses Cologne“ Steckenpferde her und gibt auch Schnupperkurse für Interessierte in Köln. Aber dazu später mehr.

Was ist das Besondere am Hobby Horsing und was braucht man dafür?

„Hobby Horsing ist fürchterlich anstrengend“, erklärt Jasmin. „Das Besondere ist aber seine Diversität.“ Man benötige zunächst einmal Koordination, Körperspannung und Ausdauer, fährt sie fort. Dann sei die Beherrschung der Regeln wichtig. Die meisten Kinder, die Hobby Horsing machen, reiten auch auf echten Pferden und kennen daher das Prozedere der Hufschlagfiguren und wie man Dressurelemente reitet. Sie kennen Schritt, Trab und Galopp, aber viele lesen sich da auch selber ein. Außerdem brauche man ein gewisses Maß an Fantasie. „Und man braucht natürlich ein Steckenpferd“, ergänzt die begeisterte Mutter. Das müsse auch kein supertolles sein, findet sie.

„Es gibt ganz viele Kinder, die nähen oder basteln es aus einer Socke oder aus Pappe und fangen erstmal damit an.“ Viele basteln nicht nur ihre Steckenpferde selbst, sondern nähen diesen auch Decken, basteln Trensen und Halfter oder flechten den Ponys Frisuren. „Mehr braucht man dann eigentlich nicht, denn Hindernisse kann man sich ganz einfach aus zwei Gartenstühlen und einem Besenstiel bauen oder man stellt sich vom Fußballspiel die Pylonen nach Draußen und übt Slalom - da sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt“, erklärt Jasmin und ergänzt: „Am wichtigsten ist der Spaß, der steht im Vordergrund.“

 

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Im Grunde genommen kann man Hobby Horsing überall betreiben, weil man so wenig dafür braucht: Ein Steckenpferd reicht aus, um im Wald, in einer Halle oder auf dem Gehweg für Dressur und Geländeritte zu üben. Mit selbstgebauten Hindernissen ist dann auch das Springreiten möglich. Es geht allein oder in der Gruppe und auf YouTube gibt es inzwischen zahlreiche Erklär- und Trainings-Videos auch in deutscher Sprache.

Das Turnier der „Speed Hearts“

Die Gesichter der Mädchen sind gerötet, sie sind fertig mit ihren Aufwärmübungen und bereit für das Turnier. Für Laras Geburtstag haben sie ihren Pferden extra schöne Frisuren geflochten. Liebevoll tätscheln sie ihre Pferde am Hals und ermahnen sich gegenseitig, noch nicht über die Hindernisse zu springen, denn das sei erst mit dem Beginn des Turniers erlaubt.

Jasmin übernimmt die Rolle der Wertungsrichterin und führt die Anmeldung durch, die auch bei offiziellen Turnieren dazu gehört: jede Teilnehmerin meldet sich mit dem eigenen und dem Namen des Ponys an, mit welchem sie das Stilspringen antreten wird. Außerdem wird gefragt, ob sie die Hürden in einer Höhe von 40, 60 oder 90 Zentimetern nehmen wird. Bei Wettkämpfen sind diese durchaus auch höher. Der Rekord liegt bei über 140 Zentimetern.

Dann erklärt Jasmin die Regeln: „Ihr werdet namentlich aufgerufen, ihr reitet ein, hier ist die Startlinie, ihr grüßt und wenn die Glocke ertönt, dann geht’s los. Zeitspringen in allen Disziplinen: 40, 60, 90 Zentimeter.“ Gemeinsam mit Jasmin laufen die Kinder den Parcours noch einmal ab und klären offen gebliebene Fragen.

„Leute, viel Glück“, flüstern sich die Freundinnen zu, dann geht es los. Katharina macht den Anfang, sie reitet im Schritt auf Jasmin zu, grüßt sie mit einer einhändigen Verbeugung und springt dann fehlerfrei über alle Hindernisse.

„Ich habe im September mit dem Hobby Horsing angefangen“, erzählt Lilly mir stolz, während die anderen Mädchen gerade Finja anfeuern. „Ich habe noch drei Pferde zu Hause. Angefangen habe ich mit Sockenpferden, die hatten auch alle Namen. Starlight zum Beispiel, mit neonpinken Augensternen.“ Caro stößt dazu und erzählt: „Ich mache das eigentlich jeden Tag. Ich habe keine richtigen Hindernisse, darum muss ich kreativ werden mit Schubkarren und Stangen und so.“ Die Mädchen berichten mit Begeisterung von ihren Pferden und ihrem Hobby und werden auch vom Regen nicht abgehalten, ihr Turnier weiter durchzuführen.


Lilly, Finja, Katharina, Lara, Lilly, Caro und Lena sind die „Speed Hearts“. © Svenja Kretschmer

Lara, Caro, Katharina, Finja, Lena und die zwei Lillys haben sich erst vor wenigen Monaten auf einem kleinen Turnier in Langenfeld kennen gelernt und bereits kurz danach beschlossen, den Club „Speed Hearts“ zu gründen, benannt nach ihren YouTube-Vorbildern, den „Speed Riders“. Jede von ihnen betrieb den Sport vor dem Zusammenschluss allein für sich und tut das auch weiterhin. Doch nicht nur für Lara war es am Anfang schwierig, den Sport nach außen zu zeigen, weil das von vielen belächelt wurde. Mittlerweile hat Lara allerdings für sich festgestellt, dass Hobby Horsing eben ihr Ding ist und es ist ihr egal, was die anderen Leute sagen.

Die sieben wohnen relativ weit voneinander entfernt, aber sie sind glücklich, endlich unter Gleichgesinnten zu sein. Nun haben die Freundinnen eine gemeinsame WhatsApp-Gruppe und verabreden sich so oft es geht zu gemeinsamen Turnieren und Ausritten, die sie selbst planen. Katharina und Caro sind die einzigen, die aus Laras direkter Umgebung kommen. Wenn Katharina Lara besuchen kommt, dann reitet sie auf ihrem Steckenpferd und holt ihre Freundin ab. „Bei Wind und Wetter“, lacht Jasmin „die sagen dann, dass sie mal kurz ausreiten und dann sehe ich die drei Stunden nicht wieder.“


Die Mädchen springen bis zu 90 Zentimeter hoch. © Svenja Kretschmer

Nachdem alle Kinder den Parcours in verschiedenen Höhen durchritten haben, findet die Siegerehrung statt. Finja erfrischt ihr Pony mit ein wenig Kokusnuss-Deo, bevor jedes der Mädchen eine Urkunde und ihr Pferd eine Schleife erhält - so wie es sich beim Reiten eben gehört.

Selbst nach dem Turnier und vier Stunden draußen, bei Januar-Temperaturen und Nieselregen, haben die Freundinnen noch nicht genug. „In der Gruppe haben wir mehr Motivation“, erklären sie und verschwinden in der Tiefgarage, wo sie weiter trainieren und ihrer gemeinsamen Leidenschaft nachgehen: Dem Hobby Horsing. Ich nutze ich die Gelegenheit und komme wieder ins Gespräch mit Jasmin.

Für wen ist Hobby Horsing etwas?

„Grundsätzlich würde ich das nicht in Alterssparten kategorisieren, denn ich denke, das ist für jeden was, der vielleicht ein bisschen durchgeknallt ist“, Jasmin lacht, „also ich spreche da jetzt auch von mir selbst: man muss schon, ein bisschen verrückt sein, um das so zu leben.“ Wer eine Affinität für Pferde, Spaß an Bewegung und Lust hat, mal was Neues auszuprobieren, für den ist Hobby Horsing. Da ist es unerheblich, ob Junge oder Mädchen, Kindergartenkind oder Teenager. In Finnland, wo über 10.000 Menschen den Sport für sich entdeckt haben, reiten auch Erwachsene.

Jasmin, ihre Mission und „Hobby Horses Cologne“

Jasmin und ihre Familie hat das Hobby Horsing-Fieber gepackt. Sie ist Feuer und Flamme für das Thema und näht ihre Steckenpferde mit viel Liebe. Ihre Unikate haben sich bereits auf die Reise in viele Teile Deutschlands, in die Schweiz und sogar nach Dänemark gemacht.

„Meine Tochter ist schuld“, lacht sie „die kam vor zwei Jahren zu mir und sagte: `Ich wünsch mir ein Hobby Horse.`“ Damals habe es in Deutschland noch keine Anbieter gegeben, bei denen man Hobby Horses kaufen konnte. Also nähte Jasmin kurzerhand selbst eines. Nach den ersten Fehlversuchen war ihr Ehrgeiz geweckt. Zunächst experimentierte sie mit unterschiedlichen Stoffen und Schnitten und bastelte immer neue Vorlagen, bis sie ihr erstes Hobby Horse bei Ebay-Kleinanzeigen verkaufte und gleich fünf weitere Anfragen erhielt. Mittlerweile hat Jasmin sich mit ihrem Unternehmen selbstständig gemacht. Auf ihrer Website "Hobby Horses Cologne" können Interessierte nach dem Baukasten-Prinzip ihr eigenes Wunschpferd zusammenstellen. Größe und Ausstattung sind flexibel. Mexikanische Trense, Vorderzeug, extra Halfter, Schecken und Blessen können hinzugefügt werden. Es ist sogar möglich, Jasmin ein Foto von einem richtigen Pferd zu schicken und sie näht dann die Hobby Horse-Variante danach.

„Meine Pferde haben alle einen Namen und einen Charakter“, erzählt sie stolz, denn das ist das Besondere an ihrem Konzept: „ob das Pferd vielleicht einen geübten Reiter braucht, weil es schnell durchgeht oder es draußen Angst hat, wenn ein Traktor ihn überholt. Das spricht die Sportlerinnen sehr an.“ Es kam bereits vor, dass ihr Fotos von ihren jungen Kundinnen geschickt wurden, die schlafend im Bett lagen, mit ihrem Hobby Horse im Arm. Im Steckbrief stand schließlich, es kuschele gern.

Neben ihrem Steckenpferd-Business ist es Jasmins Mission, das gesamte Thema Hobby Horsing in Köln und in ganz Deutschland bekannter zu machen. „Ich glaube, dass Hobby Horsing noch viel Potential bietet. Ich möchte Hofturniere im Kölner Raum anregen, denn es gibt so viele Reitställe hier in der Nähe, die das einfach anbieten müssen, weil der Bedarf da ist.“


Hobby Horsing schweißt zusammen. © Svenja Kretschmer

Inzwischen ist Hobby Horsing eine richtige Community. Kinder organisieren Turniere im Garten, planen ein Geländereiten im Wald, manche laden in Foren oder bei Instagram dazu ein. „Dann sind da manchmal 40 Kinder, die sich treffen und im Wald über Hindernisse springen“, erzählt Jasmin, die das Geschehen bei Instagram verfolgt. „Ansonsten gibt es hier in Köln soweit ich weiß keinen einzigen Verein.“ Also hat Jasmin das selbst in die Hand genommen und wird im ersten Quartal 2020 im TUS Brauweiler Anfängerkurse geben, für Kinder, die sich vielleicht noch unsicher sind, ob Hobby Horsing etwas für sie sein könnte, es aber gerne mal ausprobieren möchten.

Jasmin und die „Speed Hearts“ hat das Hobby, das auf den ersten Blick durchaus seltsam wirken kann, gepackt. Hobby Horsing schweißt zusammen, bringt in Bewegung und nach Draußen, fördert die Fantasie und Kreativität und ist nicht zuletzt ein Sport, bei dem man mit ganz viel Spaß daran wachsen kann, dass man auch einfach mal ein bisschen verrückt sein darf.

Hobby Horsing im Verein: Termine in Köln

An folgenden Terminen finden die aktuellen Kurse von Jasmin im TUS Brauweiler statt:

  • Termine noch nicht bekannt: Schnupperstunde für Kinder ab 9 Jahren
  • Termine noch nicht bekannt: Einstiegskurs über vier Unterrichtseinheiten, in dem die Grundlagen vermittelt werden. Dabei wird es um die Grundgangarten und Hufschlagfiguren gehen, einen ersten Springunterricht und Dressurelemente.
  • 19.08. bis 07.10.2020: Aufbaukurs, weitere Informationen folgen.

Ansprechpartnerin: Frau Sandra Otto
Email: info@tus-brauweiler.de
Tel. 02234 - 603 65 40

Für die Kinder, die kein eigenes Hobby Horse haben, wird Jasmin Leihpferde zur Verfügung stellen. Die Anmeldung (auch für die Schnupperstunde) erfolgt ab sofort über den TUS Brauweiler. Die Schnupperstunde ist kostenlos. Die beiden Aufbaukurse kosten 8€/Einheit, TUS Brauweiler-Mitglieder bekommen Vergünstigungen.

Wer neben den Kursen Interesse oder Fragen zum Thema Hobby Horsing in Köln hat, darf sich gerne bei Jasmin selbst melden: hobbyhorsescologne@googlemail.com oder bei Instagram @hobbyhorsescologne_dasoriginal

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