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Teenager

Vom ersten bis zum letzten Stich: Schneider:in

Text & Fotos: Hanka Meves-Fricke · 31.05.2021

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Pauline Scholz Schneiderin bei den Bühnen der Stadt Köln

Pauline Scholz Schneiderin bei den Bühnen der Stadt Köln

„Klar ist das Schneidern eine harte Arbeit. Aber es macht unglaublich viel Spaß. Vor allem liebe ich es, mit den Kollegen diese schönen Kostüme für die Vorstellungen zu nähen und aufzuarbeiten“, sagt Pauline Scholz, die bei den Bühnen der Stadt Köln ihre Ausbildung absolviert.

Auf dem Weg zur Schneiderei kommen mir Bilder ins Gedächtnis, wie ein Schulfreund mir das Nähen beigebracht hat. Zu meinem 17. Geburtstag habe ich mir dann eine sündhaft teure Maschine gewünscht und in jeder freien Minute genäht: Hosen und Blusen, einen Bezug für mein Bett und Vorhänge. Mein Schulfreund ist inzwischen Kommissar bei der Polizei und ich hatte fast immer nach wenigen Stunden an der Nähmaschine Rückenschmerzen. Ich bin neugierig, was mir Pauline Scholz dazu sagen wird. Sie lernt gerade Maßschneiderin der Fachrichtung Damen.

Ein hartes Stück Handarbeit

„Zurzeit arbeite ich an einem Mieder. Das ist aus einem sehr festen Material, wodurch beim Nähen meine Hände wund geworden sind“, erzählt Pauline Scholz, die auf ihre Gesellenprüfung bei den Bühnen der Stadt Köln zusteuert. „Die Arbeit kann manchmal sehr anstrengend für die Augen und den Nacken sein. Ich habe mit der Zeit sogar Hornhaut an den Fingern bekommen, allerdings ist es das wert“, ergänzt die 21-Jährige. In der Kostümabteilung der Bühnen Köln fallen viele Arbeiten an, die nur mit der Hand genäht werden können. Dabei strahlt mich Pauline Scholz an und ich merke, dass sie sehr gut mit dieser harten Arbeit umgehen kann. Zum Ausgleich macht sie Yoga und trainiert ihren Rücken.

Kreativität gefragt

Pauline Scholz kommt aus einer Theaterfamilie. Sie hat zuerst einzelne Schnuppertage im Theater besucht, später dann einige Praktika absolviert, bevor sie sich für die Ausbildung entschieden hat. Dafür ist sie nach dem Abitur von Hannover nach Köln gezogen. Seit ihrer frühesten Kindheit näht sie und hatte bereits einige Erfahrungen beim Schneidern. Besonders liebt sie, dass in ihrem Beruf Kreativität gefragt ist.

„Zur Ausbildung in der Berufsschule und in der Praxis gehört viel mehr, als eine gerade Naht: Wir behandeln verschiedene Materialien, wie Seide, Baumwolle, Wolle, Hanf und Flachs, Stoffbindungen wie Atlas-, Leinwand- oder Köperbindungen und die verschiedenen Eigenschaften von Stoffen. Wir lernen, wie der chemische Aufbau der verschiedenen Fasern ist und welche Auswirkungen dies auf die Hitze- oder Chemikalienverträglichkeit hat. Manche Stoffe laufen ein, wenn man sie mit Dampf bearbeitet, andere wiederum vertragen Hitze sehr gut. Wir beschäftigen uns ebenfalls mit ökologischen und ethischen Aspekten der Stoffproduktion.“ Ich sehe Pauline Scholz an, dass ihr die Beschäftigung mit den chemischen und biologischen Hintergründen der Materialien Spaß bereitet. „Nach der Ausbildung möchte ich am Theater arbeiten. Später könnte ich mir vorstellen, Textilchemie zu studieren.“

Theaterluft riechen

Pauline Scholz liebt die Atmosphäre und den familiären Umgang der Kolleg:innen am Theater untereinander. „Wir stellen verschiedene Kostüme her. Kein Tag gleicht dem anderen. Außerdem arbeiten wir mit außergewöhnlichen Materialien, was mir besonders viel Spaß macht. Das ist anders als in einem Handwerksbetrieb.“ Stolz ist Pauline besonders, wenn die Kostüme zur Aufführung kommen. Die Bühnen der Stadt Köln sind sehr erfolgreich in ihrer Arbeit und haben in der Spielzeit 2019-20 117.000 Tickets verkauft, sodass 86 Prozent ihrer Vorstellungen ausverkauft waren.

Jugendliche sollten jedoch auch vor Augen haben, dass sie nicht gleich zu Anfang ein kompliziertes Kostüm nähen können und auch viele einfache und manchmal monotone Arbeiten zum Beruf gehören. „Es kann schon mal vorkommen, dass man den gesamten Tag nur bügelt. Aber wenn man seinen Vorgesetzten zeigt, was man bereits kann und man bereit zum Lernen ist, bekommt auch ein Auszubildender anspruchsvolle Arbeiten zugeteilt.“ Pauline Scholz hat unter anderem schon Blazer, Jacken und Hosen genäht.

Maßschneiderin P. Scholz © Hanka Meves-Fricke
Maßschneiderin Pauline Scholz © Hanka Meves-Fricke

Das Barockkleid in den Händen

„Mein bisher schönstes Stück“, sie überlegt einen Moment, „das war ein Barockkleid, das aus dem Fundus kam und fast auseinanderfiel. Es hat so viel Freude gemacht, es vom ersten bis zum letzten Stich zu reparieren. Ich durfte sogar Vorschläge bezüglich der Schmucktechnik machen. Das Kostüm dann am Ende zu sehen, war eine Freude.“ Und wer sich Sorgen macht, dass er oder sie kurz vor einer Premiere bis in die Puppen arbeiten muss, dem sei gesagt, dass auch bei den Bühnen Gleitzeit gilt, Überstunden erst ab dem dritten Lehrjahr geleistet werden müssen und diese auch abgegolten werden können.

Die Mitarbeiter:innen der Bühnen der Stadt Köln fertigen längst wieder Kostüme und bereiten die Wiedereröffnung der Spielstätten vor. Ich freue mich auf den ersten Theaterbesuch nach einem schwierigen Jahr und werfe noch einmal einen Blick auf die schönen Stoffe. Vielleicht wäre die Schneiderei doch etwas für mich gewesen?

 

Ausbildung: Maßschneider:in für Damen und Herren

Voraussetzung:

Geschicklichkeit und gute Koordination von Auge und Hand, Kreativität und Sinn für Ästhetik, Kundenorientierung, handwerkliches Geschick, Sorgfalt und Beobachtungsgenauigkeit, Interesse an Mathematik, Chemie und Biologie ist von Vorteil.

Einsatzorte:

  • Handwerksbetriebe
  • Theater, Opernhäuser und freie Ensembles
  • Film- und Fernsehstudios
  • Bekleidungshäuser

Inhalte:

Werken und textiles Gestalten für das Zuschneiden von Stoffen nach Schnittschablonen, Zusammennähen der Teile, Bügeln und Fixieren der Abnäher, Kunst für das Anfertigen von Skizzen sowie eigene Kreationen, Mathematik  für das Kalkulieren, Chemie und Biologie sowie Ökologie für das Verarbeiten von Stoffen und anderen Materialien, Deutsch für die Kundenberatung. Erfolgreich abgelegte Zwischenprüfungen befähigen zur Fertigung des Gesellenstücks.

Weiterbildungsmöglichkeiten:

Zum/Zur Handwerksmeister:in und/ oder Gewandmeister:in, Schnitttechnikschulen sowie Modestudium, Studium der Textiltechnik, -chemie, -gestaltung, Restauration oder Kostümbildung sowie Design.

Vergütung:

Im 1. Ausbildungsjahr: ca. 700 Euro
Im 2. Ausbildungsjahr: ca. 750 Euro
Im 3. Ausbildungsjahr: ca. 800 Euro

Im Theater. In Handwerksbetrieben wird zumeist eine niedrigere Vergütung gezahlt.

Infos:

www.berufenet.arbeitsagentur.de
www.rrbk.koeln/wp-content/uploads/2020/02/leistungskonzept-AV.pdf

Weitere Ausbildungsberufe findet ihr in unserer Berufe-Check-Übersicht.

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