Kolumne
Mütter sind auch nur Töchter
Frau Karli · 28.07.2014
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Als ich mich neulich einmal wieder danebenbenommen hatte, teilte mir meine sechsjährige Tochter M. mit, welche Mütter aus dem Freundes- und Bekanntenkreis sie viel lieber und netter findet als mich. Da sie ziemlich in Rage war, wollte ich sie nicht unterbrechen – zum Beispiel mit der Belehrung, dass eine abgerundete, lebensfähige Persönlichkeit neben „lieb“ und „nett“ noch weitere Attribute braucht. Und dass sich die anderen Mütter vor den eigenen Kindern gewiss auch nicht immer von ihrer Schokoladenseite zeigen. Die Liste war jedenfalls länger und nicht ganz so exklusiv, wie ich erwartet hätte.
Ich ließ M. also reden und machte mir im Geiste Notizen für meine nächsten Schönwetter-Aktionen. Als karmischen Ausgleich für mein Missverhalten. Denn natürlich will ich, dass sich M. später einmal hauptsächlich an die schönen, bunten Momente mit ihrer sonnigen, lieblichen Mutter – also mir – erinnert. Hmmm, ein langes Sommerkleid könnte ich ihr nähen, das bei Pirouetten so richtig schön flattert, dachte ich, ganz so wie sie es mag. In Türkis-Grün-Tönen mit Orange-Akzenten. Dazu könnte ich ihr schillernde Neon-Locken mit Perlen und Glöckchen für ihr Haar häkeln. Ach, wie toll sie damit auf einer Wiese aussehen würde, wie eine Science-Fiction-Elfe! Ich sah uns schon beim Picknick – rote Wassermelonen auf violetten Tellerchen ...
„Mama – hörst du mir überhaupt zu?!?“ M. war inzwischen zu einer umfassenden Grundsatzkritik übergegangen und sah mich mit gerunzelter Stirn an. Dieser strenge Gesichtsausdruck – den kannte ich doch ... Woher nur? Ach ja: von meiner eigenen Mutter! Ich musste grinsen – sehr zum gesteigerten Missfallen von M., die nun laut wurde. „Und warum LACHST du, wenn ich mit dir schimpfe?!“ Ich stammelte Ausflüchte. Unbedingt lernen, Gesichtszüge unter Kontrolle zu halten, vermerkte ich in meinem geistigen Notizbuch. Und im weiteren Verlauf jenes Tages verhielt ich mich sehr, also wirklich sehr vorbildlich. Denn wenn sie sauer ist, ist mit meiner Mutter, äh, Tochter nicht gut Kirschen essen.
Herzlichst Ihre
Frau Karli
© John Krempl/photocase.com
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