Kolumne
Abgefeiert!
Frau Karli · 22.09.2014
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Neulich verschlug es uns Camping-Novizen an die Nordsee. Alles machte einen tollen Eindruck: Wogende Dünen vor dem glitzernden Meer, ein Bio-Bäcker mit duftenden Broten und saftigen Torten und überall hilfsbereite Camper, die im Vorbeigehen grüßten. Wir atmeten durch und schlugen unser niegelnagelneues, riesiges 3-Zimmer-Zelt auf. Nachdem wir eine etwas missratene Tortilla (Wo war der verdammte Pfannenwender?) verzehrt hatten, spülten wir im Spülhaus und duschten im Duschhaus und merkten schon, wie sich die Stimmung auf dem Platz veränderte: Es stand eine Party in der Scheune an.
Als das Baby schlief, machten unsere sechsjährige Tochter M. und ich uns denn auch fertig: Sie zog einen hübschen Rock an, band sich das Haar zum Zopf und durfte erstmals einen Hauch Lipgloss auflegen. Ich entschied mich für ein leichtes Sommerkleid und dezentes Make-up. Wir fühlten uns gewappnet für unseren ersten gemeinsamen Mädels-Ausgehabend. Ein historischer Moment! Ich als reifende, aber flott gebliebene Mutter und neben mir die junge Sophie Marceau, ah! Auf das, was uns in der Partyscheune erwartete, waren wir jedenfalls nicht so richtig gefasst.
Ein stark transpirierender DJ mit verblüffendem Bewegungsapparat und lila Perücke ließ es so richtig krachen. Das Lied kannten wir nicht, aber es war sehr einprägsam – der Refrain begann mit „Scheiße!”, woraufhin alle Gäste zeitgleich in die Luft sprangen und weitere Unflätigkeiten grölten. Direkt vor uns tanzte eine rauchende Mutter mit Baby. Meine Tochter blickte mich mit großen Augen an und in meinem Kopf begann es zu rattern. Wie sollte ich die Situation altersgerecht mit ihr reflektieren? Gleich würde sie mir Löcher in den Bauch fragen und ich bereitete innerlich schon vermittelnde, wertschätzende, ausgeklügelte, moderate (!) Antworten vor. Doch als wir nach draußen geflohen waren, sagte Sophie Marceau bloß mit einem feinen Lächeln: „Und ich hab mich schön gemacht.” Dann schlug sie einen Spaziergang am Strand vor und wir beobachteten in den Dünen verträumt einen Mann, der vor der untergehenden Sonne Tai Chi machte. Aber vielleicht wischte er sich auch bloß Hundedreck vom Schuh …
Herzlichst Ihre
Frau Karli