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Gesundheit

Ist mein Kind zu dick?

Janina Mogendorf · 22.10.2018

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© ThorstenF/Pixabay

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Pummelige Beinchen und ein kugelrunder Bauch. Bei Kleinkindern ist es niedlicher Babyspeck, aber spätestens ab dem Kindergartenalter sollten wir ein Auge auf die Kleinen haben, die etwas zu viel auf die Waage bringen. Denn Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen entsteht nicht von heute auf morgen.

In Deutschland sind zwei Millionen Kinder zwischen 3 und 17 Jahren zu dick. Das sind 15 Prozent dieser Altersgruppe, wie Erhebungen des Robert-Koch-Instituts belegen. Mehr als ein Drittel dieser Kinder ist sogar stark übergewichtig. Damit scheint die Zahl auf einem recht hohen Niveau zu stagnieren.

Betroffen sind Jungen und Mädchen gleichermaßen, am meisten nehmen sie im Grundschulalter zu. Gerade in der Vorpubertät werden Kinder oft fülliger. Das ist auch in Ordnung so, denn sie brauchen viele Energiereserven, um in die Pubertät zu starten. Trotzdem sollten Eltern den Verlauf aufmerksam beobachten, denn etwa ab dem achten Lebensjahr wird häufig der Grundstein für späteres Übergewicht gelegt.

Ist das Gewicht in Ordnung?

Ob das Gewicht eines Kindes noch im grünen Bereich liegt, zeigt der Body Mass Index (BMI). Kostenlose Rechner gibt es im Netz. Man multipliziert die Körpergröße und teilt das Gewicht durch das Ergebnis. Nehmen wir zum Beispiel Jonas: Der Zehnjährige ist 1,40 Meter groß und wiegt 35 Kilo. Die Rechnung lautet demnach 1,40 x 1,40 = 1,96. 35/1,96 = 17,9 BMI. Damit liegt Jonas im Normalbereich, der übrigens recht groß ist. Auch mit 30 oder 40 Kilogramm gäbe es noch keinen Grund zur Sorge. Liegt der BMI höher, sollte ein Kinderarzt zu Rate gezogen werden.

Krank durch zu viel Gewicht

Ist ein Kind korpulent, ist das nicht nur eine Frage der Ästhetik, sondern auch der Gesundheit. Ungeliebte Begleiter der Adipositas (Fettleibigkeit) sind Diabetes, Bluthochdruck oder Herz-Kreislauf- Erkrankungen. Auch Hüfte und Knie können bei übergewichtigen Kindern nach einiger Zeit Probleme bereiten und schon im frühen Erwachsenenalter zu Arthrose führen. Dazu kommt, dass sie weniger beweglich sind, nicht mithalten können und häufiger gehänselt werden. Die Folge können Ängste und Depressionen sein.

Wo liegen die Ursachen?

Deshalb wird der Kinderarzt zunächst nach Ursachen für die überflüssigen Pfunde schauen. Liegen seelische oder körperliche Grunderkrankungen vor? Besteht ein Hormonmangel? Oder ist es Veranlagung? Übergewichtige Eltern kriegen übergewichtige Kinder – diese Rechnung muss nicht aufgehen. Natürlich sind es zum Teil auch die Gene, allerdings wird nicht die Fettleibigkeit selbst vererbt, sondern nur die Neigung zum Zunehmen. Viel häufiger ist es die Lebensweise einer Familie, die Eltern und Kinder langfristig dick macht.

Wer selbst mit den Kilos kämpft, kann schon früh einiges tun, damit es den eigenen Kindern nicht auch so ergeht. Hier ist zunächst die Mutter gefragt: Schwangere sollten nicht für zwei essen, sondern in Maßen, ausgewogen und gesund. Denn wer als Baby schon ein hohes Geburtsgewicht mitbringt, wird in späteren Jahren schneller zunehmen. Auch Rauchen während der Schwangerschaft ist ein Risikofaktor. Umgekehrt erkranken Kinder, die vier bis sechs Monate gestillt wurden, seltener an Adipositas.


© mangsaab/iStockphoto.com

Ungesunde Lebensmittel

Überhaupt, das Essen: Zu viel, zu unregelmäßig, zu kalorienreich, zu sü. – all das führt gerne zu einem deutlichen Plus auf der Waage. Vor allem vor gezuckerten Getränken wie Limonade, aber auch vermeintlich gesunden Fruchtsäften wird immer wieder gewarnt. Sie enthalten sehr viel Zucker, sättigen jedoch weitaus weniger als Sahnetorte und werden deswegen schnell und in großen Mengen konsumiert. Die Deutsche Gesellschaft für Kinder und Jugendmedizin (DGKJ) hat errechnet, dass ein großes Glas Limonade am Tag im Laufe eines Jahres 6 Kilo mehr auf die Rippen zaubern kann.

Die Länder Niedersachsen und Bremen fordern daher, dass Werbung für ungesunde zuckerhaltige Lebensmittel, die speziell auf Kinder ausgerichtet ist, stärker reglementiert oder sogar verboten wird. Schon kurze Einblendungen von Schokoriegeln und Co. im Kinderfernsehen oder bei Online-Spielen führten laut einer aktuellen australischen Studie dazu, dass die Kids mehr Kalorien am Tag aufnehmen und das Einkaufsverhalten ihrer Eltern entsprechend beeinflussen.

Zu wenig Bewegung

Zu viel Freizeit vor dem Bildschirm sorgt aber auch auf andere Weise für Gewichtszunahme: Es fehlt schlicht und ergreifend an Bewegung. Eigentlich lässt sich ein Zuviel an Kalorien durch Sport und eine aktive Freizeitgestaltung zumindest teilweise wieder ausgleichen. Statt sich draußen auszupowern, sitzt der Nachwuchs aber häufig zu Hause. Laut einer aktuellen Familienstudie des AOK-Bundesverbandes nutzen fast zwei Drittel der Kindergartenkinder Medien länger als empfohlen. Ähnlich sieht es bei Grundschulkindern aus. Kommt dann noch der stressige Lernalltag dazu, überwiegen die sitzenden Tätigkeiten ganz schnell.

 

Adipositas-Schulungsprogramm in Bonn

„Durch dick und dünn“ heißt ein einjähriges Adipositas-Therapieprogramm, das die Bonner Uniklinik gemeinsam mit dem Förderverein Psychomotorik und der Katholischen Familienbildungsstätte anbietet. Die Kurse richten sich an stark übergewichtige Kinder und Jugendliche zwischen 8 und 16 Jahren und ihre Eltern. Die Schulung umfasst medizinische und psychologische Betreuung, Ernährungslehre, Elternschulung und Bewegungstherapie. Viele Krankenkassen übernehmen die Kosten, es bleibt dann ein Eigenanteil von 25 Euro pro Monat.

Info: Tel. 0151 - 582 336 54, info@adipositas-uni-bonn.de

 

Mit gutem Beispiel vorangehen

Was also können Eltern tun, wenn sie feststellen, dass ihr Kind zunimmt? Zunächst einmal positiv an die Sache herangehen! Das heißt, keine abfälligen Bemerkungen und keine Diäten, sonst besteht die Gefahr, dass sich Essstörungen entwickeln. Vielmehr sollten Eltern den Fokus bewusst auf gesunde Ernährung und Bewegung legen und mit gutem Beispiel vorangehen. Bei der Ernährung geht es zudem nicht nur um das „Was“, sondern auch das „Wie“. So betont Professor Eckhard Schönau, wie wichtig mindestens eine feste Familienmahlzeit ist. „Gemeinsam am Tisch zu sitzen und sich über den Tag zu unterhalten ist viel besser, als einzeln vor dem Fernseher zu essen.“

AMLOR: ein Reha-Programm für Kinder

Schönau ist ärztlicher Leiter der UniReha an der Uniklinik Köln, die ab September 2018 deutschlandweit erstmalig die ambulante Rehabilitation „AMLOR“ für übergewichtige Kinder anbietet. AMLOR steht für Ambulante Medizinisch-Lebenswelt orientierte Rehabilitation. „Bisher hatten nur erwachsene Patienten die Wahl zwischen einer ambulanten und einer stationären Rehabilitation“, erklärt er. „Durch das Flexi-Renten-Gesetz des Sozialministeriums haben nun auch Kinder und Jugendliche diese Möglichkeit.“ Der erste Kurs richtet sich an Jugendliche, bald wird es aber auch eine ambulante Reha für Grundschulkinder geben, die die Eltern stärker einbindet.

 

10 Tipps für gesunde Ernährung

  • Abwechslung auf den Einkaufszettel bringen
  • Großpackungen im Laden stehen lassen
  • Ausgewogene und frische Lebensmittel wählen
  • Frisch zubereiten: Fertigprodukte sollten die Ausnahme bleiben
  • Regelmäßig gemeinsam mit der Familie essen
  • Nicht vor dem Bildschirm, sondern am Esstisch
  • Viel Wasser oder ungesüßte Tees trinken. Fruchtsäfte mit zwei Dritteln Wasser verdünnen
  • Weniger Süßigkeiten und zuckerhaltige Getränke zu Hause bunkern
  • Gesunde Snacks wie Nüsse oder Obst und Gemüse anbieten
  • Fast Food höchstens einmal pro Woche

 

Nah am Alltag der Familien

„Natürlich gibt es Indikationen, die für eine stationäre Therapie sprechen“, sagt Professor Schönau. Etwa wenn die Adipositas organische Ursachen hat oder unbehandelte psychische Erkrankungen vorliegen. Für viele sei die ambulante Variante jedoch geeignet. „Sie hat den großen Vorteil, dass sie alltagsnah abläuft. Das ist wichtig, weil die Familie ihre Lebensweise ändern muss.“ Bei der Umstellung hilft ein interdisziplinäres Team aus Kinderärzten, Psychologen, Sportwissenschaftlern, Ernährungsberatern und dem Psychosozialen Dienst.

Im Rahmen einer einleitenden Intensivwoche treffen sich die Jugendlichen zwischen 14 und 18 Uhr in der ambulanten Reha. Hier findet dann Ernährungsberatung, Bewegungstherapie und auch psychologische Begleitung in der Gruppe statt. In den darauffolgenden Monaten treffen sich die Teilnehmer alle zwei Wochen an einem Nachmittag. „Wir möchten die Gruppendynamik nutzen, damit sich die Kinder gegenseitig motivieren und gemeinsam an einem Strang ziehen, um ihre Ziele zu erreichen.“

Wer sein Leben umkrempeln will, braucht Kraft und Durchhaltevermögen. Psychologen unterstützen die Familien dabei und stärken ihnen den Rücken, damit sie auch wirklich am Ball bleiben. Sportwissenschaftler vermitteln den Kindern wieder Freude an Bewegung und erkunden mit der Familie das Wohnumfeld. Wo gibt es passende Bewegungsmöglichkeiten und Sportangebote in der Nähe? Ernährungswissenschaftler begleiten die Familien beim wöchentlichen Einkauf und unterstützen bei der Auswahl gesunder und ausgewogener Lebensmittel.


© nadia_bormotova/iStockphoto.com

Das Wohnumfeld ist mitentscheidend

Wenn 15 Prozent aller Kinder und Jugendlichen übergewichtig sind, dann ist das nicht nur ein persönliches Problem, sondern geht die ganze Gesellschaft an. Bei der Prävention spielt auch die Infrastruktur vor Ort eine wesentliche Rolle, wie die „AOK Familienstudie 2018“ weiterhin herausfand. Kinder, die in einem Wohnumfeld mit Sportstätten, Spielplätzen, gut ausgebauten Radwegen und attraktiven Freizeitflächen leben, bewegen sich mehr als Kinder, die diese Bedingungen nicht vorfinden. Der Deutsche Städteund Gemeindebund (DStGB) sieht daher an vielen Stellen Handlungsbedarf.

Gesundheit in Kita und Schule

Gesundheitliche Prävention ist auch ein wichtiger Auftrag von Bildungseinrichtungen wie Kindergärten und Schulen. Das Land Nordrhein-Westfalen zertifiziert Kitas als „Anerkannte Bewegungskindergärten mit dem Pluspunkt Ernährung“ (ABmPE). Verschiedenste Projekte sollen dabei Übergewicht vorbeugen und Kindern wie Eltern eine gesunde Lebensweise vermitteln. Das Programm richtet sich besonders an Einrichtungen in sozial schwachen Gebieten. Denn Kinder, die von Armut betroffen sind, die aus bildungsfernen Familien kommen oder eine Migrationsgeschichte haben, kämpfen häufiger mit Übergewicht. Das hat gerade der Kinder- und Jugendreport der DAK belegt.

Im Bewegungskindergarten verankern die eigens fortgebildeten pädagogischen Fachkräfte körperliche Aktivitäten und gesunde Ernährung spielerisch im Alltag. Täglich kommt gesundes Essen auf den Tisch und die Kinder helfen teilweise auch bei der Zubereitung. In der Elternarbeit liegt der Fokus ebenfalls auf dem Thema „gesunde Lebensweise“. Elternabende und Fortbildungen gehören zum Angebot. Derzeit gibt es in NRW rund 280 zertifizierte Einrichtungen. Ziel des Landes ist eine flächendeckende Verteilung. Damit Kinder in Deutschland gesund und aktiv aufwachsen können.

>> Mehr zum Thema Übergewicht bei Kindern: KÄNGURU-Interview mit Hilde Schmitz-Krahm von der Koordinationsstelle Gesundheitsförderung und Prävention der Stadt Köln

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung bietet viele Informationen rund um das Thema Übergewicht bei Kindern

Robert Koch Institut: Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland KiGGS

Kinder- und Jugendreport der DAK

Deutsche Gesellschaft für Kinder und Jugendmedizin (DGKJ)

Aktuelle Familienstudie des AOK-Bundesverbandes

Weitere Informationen über das Programm AMLOR (Ambulante Medizinisch-Lebenswelt orientierte Rehabilitation) gibt es bei unireha

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