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Gesundheit

Guten Appetit!

Annika Krause · 17.10.2019

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© Adobe Stock/JenkoAtaman

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Wie vermitteln wir Kindern ein gesundes Essverhalten? Wie integrieren wir entspannte Mahlzeiten in unseren Familienalltag? Autorin Annika Krause hat mit Hilde Schmitz-Krahm gesprochen. Die Ernährungsmedizinische Beraterin der Deutschen Gesellschaft für Ernährung spricht sich für regionale Lebensmittel aus und betont die Vorbildfunktion von Eltern.

KÄNGURU: Guten Tag Frau Schmitz-Krahm, was macht eine gesunde Ernährung aus?

Hilde Schmitz-Krahm: Eine gesunde Ernährung ist vielseitig und abwechslungsreich. Außerdem sollte sie dem Alter entsprechend bedarfsorientiert sein. Kinder und Jugendliche benötigen für ihre Entwicklung viel Energie. An sich verwende ich den Begriff „gesunde Lebensmittel“ nicht gerne, da er suggeriert, dass alle anderen Lebensmittel ungesund seien. Es geht letztendlich darum, wie viel man wovon isst. Auch 15 Äpfel an einem Tag sind nicht gesund.

Worauf sollten Familien bei der Auswahl von Lebensmitteln achten?

Insgesamt empfehle ich eine regionale Ernährung. Denn das setzt voraus, dass man sich mit dem Thema Ernährung auseinandersetzt. Woher kommt mein Essen und was wächst zurzeit? Da im Supermarkt immer alles verfügbar ist, wissen manche Menschen gar nicht mehr, wann der Spargel wächst und wann Erdbeerzeit ist. Für mich entspricht eine regionale Ernährung der natürlichen Ernährung. Im Sommer gibt es viel Salat, im Winter eher Eintopf. Damit ist man mit allen wichtigen Vitaminen versorgt, isst frisch, günstig und umweltbewusst. Kein Mensch braucht eine Avocado vom anderen Ende der Welt, um sich gesund und ausgewogen zu ernähren.

Wie bringen Eltern ihren Kindern ein ausgewogenes Essverhalten bei?

Wie sagt man in Köln so schön: „Kinder kumme nie op andere Lück“. Wer seinem Kind ein ausgewogenes Essverhalten beibringen möchte, sollte genauso auf seine eigene Ernährung achten. Wir als Eltern sind die Vorbilder, wir zeigen den Kindern, wie man „richtig isst“. Eine Frage ist, wie selbstverständlich zu Hause mit dem Thema Ernährung umgegangen wird. Ist es verkrampft und zwanghaft oder etwas ganz Natürliches? Wenn Eltern selbst mit einem gestörten Verhältnis zu Essen zu kämpfen haben und nun viel Energie hineinstecken, dem Kind einen möglichst gesunden Umgang mit Essen beizubringen, kann auch das nach hinten losgehen. Fühlt sich das Kind beobachtet oder unter Druck gesetzt, wird Essen schnell mit etwas Unangenehmen verbunden und es isst lieber heimlich. Die größte Herausforderung ist wohl, das Thema Essen nicht zum Thema zu machen.

Haben Sie da konkrete Ratschläge für Eltern?

Ich finde es wichtig, dass Kinder frühzeitig lernen, wo Essen herkommt und was das eigentlich ist, was wir essen. Deshalb ist es schön, ein Kind in die Zubereitung des Essens mit einzubeziehen. Vielleicht lässt man es die Gurken schneiden oder Möhren waschen und erzählt ihm dabei, wie das Gemüse gewachsen ist. Gemeinsam Popcorn herstellen ist eine gute Möglichkeit, um zu zeigen, wie unterschiedlich ein Lebensmittel zubereitet werden kann. Das funktioniert natürlich nicht im Stress. Aber ab und zu in Ruhe gemeinsam kochen lässt die Familie zusammenwachsen und gemeinsam das Essen wertschätzen. Auch Familienausflüge und Unternehmungen kann man mit dem Essen verbinden: Auf ein Erdbeerfeld gehen und anschließend Marmelade kochen oder Äpfel pflücken und einen Kuchen backen. Es gibt viele Möglichkeiten, gemeinsames Essen als Freude zu gestalten.

Wie wichtig ist gemeinsames Essen?

Für das Familienleben finde ich es sehr schön, wenigstens einmal am Tag zusammen zu sein – und das bietet sich beim Essen gut an. Man kann über den Tag sprechen, sich austauschen und gemeinsam ein leckeres Essen genießen. Dabei ist es wichtig, eine angenehme Atmosphäre zu schaffen und keine Zwangsveranstaltung daraus zu machen. Deshalb sollte man keine Streitgespräche oder das Abfragen von Vokabeln mit dem Essen verknüpfen. Die gemeinsame Mahlzeit sollte eine Zeit sein, die die Familie genießt und in der sie zur Ruhe kommt.

Im Familienalltag ist es nicht immer einfach, alle zur selben Zeit an einen Tisch zu bekommen …

Ist ein Kind zu der Zeit des gemeinsamen Essens verabredet, ist das eben so. Genauso, wie auch mal ein Elternteil fehlt, weil es noch arbeitet oder einen anderen Termin hat. Gerade kleine Kinder müssen erstmal lernen, sich an einen Tisch zu setzen und runterzufahren. Vielleicht sind sie gerade aufgedreht und haben ganz viele andere Dinge im Kopf, als zu essen. Oft hilft es, das Kind vor dem Essen auf Toilette zu schicken, weil es sonst vielleicht erst beim Sitzen und Herunterkommen merkt, dass es muss. Ob ein Kind bis zum Ende der Mahlzeit am Tisch sitzen bleiben muss, ist eine Entscheidung, die die Eltern treffen müssen. Ich empfehle, sich darüber Gedanken zu machen und gemeinsam Regeln zu formulieren, die aber auch nicht unter Zwang umgesetzt werden müssen. Wenn das Kind immer möglichst schnell aufstehen möchte, kann man als Eltern hinterfragen, woran das liegt, anstatt es zu verbieten.

Wie schaffe ich eine angenehme Atmosphäre am Tisch?

Kinder brauchen eine Struktur, und Rituale sind dabei ein gutes Hilfsmittel. Natürlich sind Wochenenden anders als Wochentage und Ferien nochmal eine Ausnahme. Trotzdem ist ein geregelter Rhythmus sehr wichtig für die Entwicklung eines Kindes. Vor den Essen kann man sich an den Hände fassen und einen „guten Appetit“ wünschen. Man kann sich für das Essen bedanken und es damit wertschätzen. Eltern können ein kleines Spiel einführen, in welchem die Familie überlegt, wie das Essen auf den Teller gekommen ist. Wer hat alles für dieses Brot gearbeitet? Wer hat es verkauft? Wer hat es gebacken? Wer hat das Getreide geerntet? Auch das gemeinsame Tischdecken kann zum Ritual werden. Den Tisch schön einzudecken ist eine Wertschätzung des Essens und sich selbst gegenüber. Ich finde es schade, wenn es in einem Haushalt gar keinen Esstisch mehr gibt und auf der Couch vor dem Fernseher gegessen wird. Dadurch wird Essen zur Nebensache, obwohl es so etwas Schönes ist.

Wie sollen Eltern damit umgehen, wenn ihrem Kind das Essen nicht schmeckt?

Ich empfehle Eltern, sich in die Zeit zurückzuversetzen, als sie selbst noch Kind waren. Wir alle mochten früher bestimmte Lebensmittel nicht, die wir heute jedoch gerne essen. Deshalb ist es meiner Meinung nach am besten, Ruhe zu bewahren. Selbst wenn das Kind nur eine Obst- und eine Gemüsesorte mag, erhält es dadurch schon viele wichtige Vitamine. Allerdings denke ich schon, dass man ein Kind zum Probieren neuer Lebensmittel animieren sollte. Oft hilft es schon, vorzuschlagen, dass es das Essen auch wieder ausspucken darf, wenn es nicht schmeckt. Das Kind weiß ja nicht, wo das Essen landet, und ekelt sich vielleicht vor der Vorstellung, dass etwas „Ekliges“ in ihm ist. Das Wichtigste ist, kompromissbereit zu sein. Ich bin dagegen, Kinder dazu zu zwingen, den Teller leer zu essen. Viel wichtiger ist es doch, dass sie lernen, selbst Portionen einschätzen zu können. Beispielsweise kann man das Kind zunächst eine Kartoffel auf den Teller nehmen lassen und erst wenn es sie aufgegessen hat, darf es sich nachnehmen. So lernt das Kind selbst einzuschätzen, wieviel es schafft.

Wie gehe ich damit um, wenn mein Kind ständig Süßigkeiten und Junkfood essen möchte?

Meist geht es dabei nicht wirklich um das Essen. Das Kind kompensiert Dinge. Die Frage ist, was das Kind mit dem Essen verbindet. Die Methode „Wenn du jetzt brav zum Zahnarzt gehst, bekommst du danach ein Eis“ können Eltern prinzipiell mal anwenden. Aber funktioniert die Erziehung größtenteils so, bleibt bei dem Kind hängen, dass es durch Essen und Trinken belohnt wird. Somit hat das Kind fettiges und süßes Essen als etwas Tolles kennengelernt, dass es sich „verdienen“ muss. Das kann dazu führen, dass es sich später selbst mit Essen „belohnt“ oder nach schlechten Erfahrungen mit Essen „tröstet“, da das Essen emotional mit dieser Art Erlebnisse verknüpft ist.

Wie sieht ein maßvoller Umgang mit Süßigkeiten oder Junkfood aus?

Da es nun mal leider an jeder Ecke Junkfood gibt, kann man es nicht komplett ausgrenzen und muss damit irgendwie im Alltag umgehen. Wird in der Familie normalerweise frisch gekocht und ausgewogen gegessen, kann man auch mal zu McDonalds gehen. Denn auch von generellen Verboten rate ich ab. Dadurch wird es nur noch interessanter und begehrenswerter. Ist das Kind dann zu Besuch bei Freunden, bei denen es Süßigkeiten gibt, isst es möglicherweise direkt ganz viel davon, weil es das von zu Hause her nicht kennt. So nimmt das Essverhalten schnell einen Suchtcharakter an, dem man mit einem entspannteren Umgang mit dem Thema vorbeugen kann. Deshalb empfehle ich Eltern, einfach mal ein Eis essen zu gehen, ohne es als großes Event oder eine Belohnung zu feiern. Trotzdem sollte das natürlich nicht täglich gemacht werden.

Was raten Sie Eltern, die keine Zeit haben, jeden Tag frisch zu kochen?

Man sollte sich nicht dafür schämen, wenn man selbst nicht gern kocht oder neben dem Beruf nicht die Zeit dafür findet, jeden Tag frisch zu kochen. Dann ist es einfach wichtig, gut zu planen. Wenn man weiß, dass man am nächsten Tag wenig Zeit hat, kann man am Tag davor einfach etwas mehr kochen. Alternativ kocht man am Wochenende vor und friert Essen ein, sodass es nur noch aufgewärmt werden muss. Es ist ja auch nicht notwendig, jeden Tag ein aufwendiges Dreigangmenü zu zaubern. Auch vorgekochte Kartoffeln mit Tiefkühlgemüse sind besser als Toast oder Tiefkühlpizza. Spontanität mit Familie und Beruf ist schwierig und führt dann doch oft dazu, schnell etwas beim Imbiss zu holen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Hilde Schmitz-Krahm beschäftigt sich seit über zwanzig Jahren beruflich mit dem Thema Ernährung. Sie ist Ernährungsmedizinische Beraterin der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, Gesundheitsmoderatorin und Fachberaterin für Essstörungen. Im Gesundheitsamt der Stadt Köln gibt Frau Schmitz-Krahm Schulungen für pädagogische Fachkräfte, Küchenkräfte, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Schulen, Jugendeinrichtungen, Familienzentren, Tageseinrichtungen, Flüchtlingsunterkünften sowie Seniorennetzwerken.

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